(Registrieren)

BERLINER MORGENPOST: Rettet die Schiedsrichter/ Ein Leitartikel von Hajo Schumacher

Geschrieben am 14-06-2014

Berlin (ots) - Die Schuldfrage scheint geklärt: Der Schiri war's.
Ob der zweifelhafte Elfer für Spanien, zwei klare, aber weggepfiffene
Tore für Mexiko oder Freds Kunstflug, der einen unverdienten
Strafstoß und die halbwegs gleichwertigen Kroaten im Eröffnungsspiel
gegen Brasilien in Rage brachte - stets waren der Unparteiische und
seine Gehilfen die Bösen. Pfeife, schwarze Sau, Blindgänger - die
üblichen Pöbeleien eben, nicht edelmütig, aber erklärbar, wenn der
Sieg nicht der Leistung, sondern dem Zufall zu verdanken ist. Im
ersten Zorn drohte Kroatiens Trainer Kovac gar, das Turnier zu
verlassen. Lieber Strand als Veräppeltwerden.

Die Kritik an den Unparteiischen ist richtig und falsch zugleich.
Ja, es wurden Fehlurteile getroffen, in rekordverdächtiger Zahl.
Aber: Schieds- und Linienrichter können nichts dafür. Schließen wir
den Faktor böse Absicht aus, bleibt die Erkenntnis: Sie können es
nicht besser. Nicht etwa, weil sie schlecht ausgebildet wären,
sondern schlicht, weil der menschliche Wahrnehmungsapparat nicht in
der Lage ist, binnen Zehntelsekunden hochkomplexe Konstellationen mit
tückebegabten Akteuren richtig zu bewerten. Kein Mensch könnte das.

Selbst die tausend Augen der hochfeinen Kameras mit all ihren
Perspektiven, Zeitlupen, Nahaufnahmen und Hilfslinien sind bisweilen
überfordert. Wie also soll ein Linienrichter selbst auf Ballhöhe
zuverlässig beurteilen, was im Getümmel 30 Meter entfernt geschieht,
mit Passgeber, Passempfänger, diversen Verteidigern und schließlich
dem Ball? Das Spiel ist einfach zu schnell geworden. Gut für die
Zuschauer, nicht zu bewältigen für Rasenrichter und alle anderen
Menschen. Wer Schiedsrichter kritisiert, der könnte auch
Kanzleramtsminister Peter Altmaier vorwerfen, dass er keinen
Van-Persie-Flugkopfball hinbekommt. Manche Sachen gehen eben nicht.

Prof. Dr. Daniel Memmert, Chef des Instituts für Kognitions- und
Sportspielforschung an der Deutschen Sporthochschule Köln, hat einen
Aufmerksamkeitstest entwickelt, um zu ermitteln, wie viele
Informationen ein Sportler gleichzeitig aufnehmen kann. Fazit: Es ist
unmöglich, ein Abseits zuverlässig zu erkennen. Die Studienergebnisse
legen nahe, dass ab einer bestimmten Komplexität die
Trefferwahrscheinlichkeit bei nahezu 50/50 liegt. Die Schiedsrichter
in Brasilien könnten also genauso gut eine Münze werfen.

Die Lösung: Die Fifa, modernisierungsfroh wie der Vatikan, muss
schleunigst alle technischen Entscheidungshilfen prüfen - nicht um
die Schiedsrichter zu entmachten, sondern im Gegenteil, um sie vor
dem globalen Zorn zu schützen, der sich derzeit gegen ihren
Berufsstand aufbaut. Ob die Linienkontrolle beim Tennis oder der
Videobeweis, den jedes Team einmal pro Halbzeit anfordern kann - der
Optionen sind einige. Die Torlinienkamera ist ein Anfang, aber ein
hasenfüßiger. Rettet die Schiris, so schnell wie möglich.

Der Leitartikel im Internet: www.morgenpost.de/129078812



Pressekontakt:
BERLINER MORGENPOST
Chef vom Dienst
Telefon: 030/2591-73650
bmcvd@axelspringer.de


Kontaktinformationen:

Leider liegen uns zu diesem Artikel keine separaten Kontaktinformationen gespeichert vor.
Am Ende der Pressemitteilung finden Sie meist die Kontaktdaten des Verfassers.

Neu! Bewerten Sie unsere Artikel in der rechten Navigationsleiste und finden
Sie außerdem den meist aufgerufenen Artikel in dieser Rubrik.

Sie suche nach weiteren Pressenachrichten?
Mehr zu diesem Thema finden Sie auf folgender Übersichtsseite. Desweiteren finden Sie dort auch Nachrichten aus anderen Genres.

http://www.bankkaufmann.com/topics.html

Weitere Informationen erhalten Sie per E-Mail unter der Adresse: info@bankkaufmann.com.

@-symbol Internet Media UG (haftungsbeschränkt)
Schulstr. 18
D-91245 Simmelsdorf

E-Mail: media(at)at-symbol.de

532843

weitere Artikel:
  • PwC-Analyse: Heimvorteil macht Brasilien zum WM-Favoriten, Deutschland im Finale Frankfurt am Main (ots) - PwC World Cup Index: Brasilien ist als Gastgeber klarer Titel-Favorit / Deutschland zweitstärkstes Team vor Argentinien und Spanien / Wirtschaftlich kann das Land kaum von der WM profitieren Seit dem 12. Juni spielen 32 Teams in Brasilien um den Titel als Fußball-Weltmeister. Die Wirtschaftsprüfungs- und Beratungsgesellschaft PwC hat analysiert, wie die statistischen Chancen für Erfolg und Misserfolg für die einzelnen Teams bei diesem sportlichen Großereignis stehen. Magnus Sprenger, German mehr...

  • Stuttgarter Nachrichten: Kommentar zu den Querelen um Franz Beckenbauer: Stuttgart (ots) - "Ob es späte Einsicht war oder die 90-Tage-Sperre der Fifa, die den Kaiser zum Einlenken bewegte, sei dahingestellt. Jedenfalls nährte er mit seinem arroganten Egotrip den Verdacht, dass er womöglich etwas zu verbergen hat. Als Mitglied der Fifa-Exekutive war er bei der WM-Vergabe stimmberechtigt. Wenig später wurde er Sportbotschafter des russischen Energieriesen Gazprom und machte gute Geschäfte mit Katar. Da darf man schon mal ein paar Fragen stellen." Pressekontakt: Stuttgarter Nachrichten Chef vom Dienst mehr...

  • BERLINER MORGENPOST: Nicht nur der WM-Titel zählt/ Ein Leitartikel von Jörn Meyn Berlin (ots) - (...) Es wäre natürlich schön, wenn Löws Team im Maracanã-Stadion von Rio de Janeiro die Trophäe in den Händen halten würde. Aber über Erfolg oder Misserfolg der WM entscheidet auch das Auftreten der Mannschaft. Deutschland braucht keinen WM-Titel, um sich seiner selbst zu vergewissern, keinen goldenen Pokal, um die Nation zu einen, wie es 1990 war. Deutschland ist ein selbstbewusstes Land, das größtenteils funktioniert und das Erfolge beim Fußball nicht als Katalysator benötigt - wie Brasilien. Deutschland mehr...

  • Mittelbayerische Zeitung: Löws Wundertüte - Wohl nie zuvor diente ein WM-Start der deutschen Mannschaft mehr der Standortbestimmung. Von Heinz Gläser Regensburg (ots) - Die ersten Pluspunkte hat Joachim Löw bei dieser WM bereits gesammelt. Der Bundestrainer flüchtete sich nicht in die ebenso wohlfeile wie unsägliche Floskel, Sport und Politik dürften nicht miteinander vermischt werden. Nein, der 54-Jährige redete Klartext: "Ich persönlich unterstütze, was diese Leute einfordern: Bildung, Gesundheit, Demokratie." Ein mutiges Signal. So zu tun, als fände das Turnier in Brasilien im luftleeren Raum statt, wäre auch lächerlich. Wie unter einem Brennglas werden die sozialen Verwerfungen mehr...

  • 1860-Presseservice: Klasse & Erfahrung: Edu Bedia wird ein Löwe München (ots) - Die Löwen haben den nächsten Kracher für die neue Saison verpflichtet: Mit Edu Bedia kommt ein torgefährlicher offensiver Mittelfeldspieler vom FC Barcelona B zum TSV 1860 München. Der 25-Jährige, früherer U20- und U21-Auswahlspieler Spaniens, absolvierte für seinen Heimatklub Racing Santander 34 Spiele in der Primera Division, kam dreimal im UEFA-Cup zum Einsatz. Edu Bedia unterschrieb beim TSV 1860 einen Dreijahresvertag. Die Transfer-rechte liegen komplett bei den Löwen. "Mit Edu haben wir den gesuchten mehr...

Mehr zu dem Thema Aktuelle Sport-News

Der meistgelesene Artikel zu dem Thema:

HSV-Presseservice: Neue Ausrüstung für die Saison 2006/2007 - HSV und PUMA stellen neue HSV-Trikots vor

durchschnittliche Punktzahl: 0
Stimmen: 0

Bitte nehmen Sie sich einen Augenblick Zeit, diesen Artikel zu bewerten:

Exzellent
Sehr gut
gut
normal
schlecht