Lausitzer Rundschau: Ein verrücktes Hickhack
Schulz, die EU und die Posten
Geschrieben am 20-06-2014 |
Cottbus (ots) - Gibt es inzwischen eigentlich einen Posten
innerhalb der Europäischen Union, für den Martin Schulz in den
vergangenen Wochen noch nicht gehandelt worden ist? Ketzerisch könnte
man sagen: Vermutlich für den des Hausmeisters in Brüssel. Er werde
alles daran setzen, Kommissionspräsident zu werden, hat der SPD-Mann
am Abend der Europawahl getönt. Obwohl das Ergebnis seiner Partei
trotz Zugewinn für so viel Selbstbewusstsein keinen Anlass bot.
Später hieß es, okay, dann wolle er aber auf jeden Fall Vizepräsident
der EU-Kommission werden. Als auch das ins Wanken kam, kündigte
Schulz an, das Amt eines "wichtigen" EU-Kommissars reiche aus. Nun
jedoch soll der Genosse nach dem Willen von SPD-Chef Sigmar Gabriel
das wieder werden, was er zuletzt gewesen ist: Präsident des
Europaparlaments. Also ein Mann ohne größeren Einfluss. Ein
verrückteres Hickhack um den künftigen EU-Job für eine Person hat man
selten erlebt. Der Eindruck drängt sich auf, dass die deutschen
Sozialdemokraten den Mund mal wieder zu voll genommen haben. Das kann
man ihnen zunächst einmal auch nicht verdenken, denn nach der derben
Niederlage bei der Bundestagswahl verursachte das Plus bei der
Europawahl unverhoffte Glücksgefühle. Aber leider eben auch einen
gewissen Realitätsverlust mit Blick auf die Besetzung von Ämtern in
Brüssel. Inzwischen ist das Postengeschacher um Schulz zur Farce
geworden. Das gilt übrigens genauso für das Verhalten des
konservativen Lagers bei der Personalie Juncker und dem Eiertanz um
einen dritten Kandidaten für den Kommissionspräsidenten. Hier hat
sich auch Angela Merkel bislang nicht mit Ruhm bekleckert. Den
Parteien geht es eben längst nicht mehr darum, wer gut, oder wer der
Beste für Europa wäre, und was die Wähler am 25. Mai mit ihrer
Entscheidung eigentlich bewirken wollten. Sie glänzen derzeit durch
abgehobene Machtspielchen. Dadurch wirkt die EU ausgerechnet in einer
Phase des europäischen Umbruchs wegen des Ukraine-Konflikts und der
noch nicht ausgestandenen Wirtschaftskrise politisch gelähmt. Fatal.
Beim Theater um die Jobs für Schulz und Co blickt ohnehin kaum noch
ein Bürger durch. Was zur Folge haben dürfte, dass die Lust auf
Europa, die sich durch den Wahlkampf zweier Spitzenkandidaten etwas
erhöht hatte, wieder deutlich sinken wird. Nun muss man den Akteuren
wenigstens zugutehalten, dass das europäische Geschäft ein zähes ist.
Auf dieser Ebene ist es um ein Vielfaches schwieriger, Inhalte
durchzusetzen, für den einen oder anderen Kandidaten Mehrheiten zu
organisieren. Da wird die Jobbesetzung schnell zum Kuhhandel, weshalb
es kein Zufall sein dürfte, dass die von der SPD geforderte
Aufweichung des Stabilitätspakts mit den Verhandlungen über das
europäische Spitzenpersonal zusammenfällt. Trotzdem: Der Eiertanz um
die EU-Vorzeigeposten ist und bleibt mega-peinlich.
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Lausitzer Rundschau
Telefon: 0355/481232
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