Mittelbayerische Zeitung: Von Limburg bis Regensburg: Die Bischöfe haben
aus den Fehlern der Vergangenheit gelernt. Leitartikel "Der Tebartz-Effekt" von Stefan Stark
Geschrieben am 18-07-2014 |
Regensburg (ots) - Es ist natürlich ein reiner Zufall, dass diese
beiden Termine just auf denselben Tag fielen: In Regensburg
präsentiert das Bistum Regensburg die frisch sanierten Räume des
Ordinariats der Öffentlichkeit. In Limburg legt die Diözese nach dem
Skandal um die dortige Kostenexplosion in einer beispiellosen
Transparenzoffensive ihre Finanzen offen. Ein Vergleich der beiden
Projekte drängt sich förmlich auf - wegen der Parallelität der
Ereignisse, und vor allem, weil kritische Stimmen einen "halben
Tebartz-Bau" in Regensburg wittern. Doch da tut man Bischof Rudolf
Voderholzer Unrecht. Mit offiziell 22 Millionen Euro schlägt die
aufwendige Sanierung der alten Gemäuer in Regensburg zu Buche, die
noch Voderholzers Vorgänger Gerhard Ludwig Müller in Auftrag gab. Das
entspricht einem Preis von rund 1650 Euro pro Quadratmeter für ein
Gebäude, in dem 130 Menschen arbeiten sollen. Die 22 Millionen
erscheinen im Vergleich zu Projekten in der Privatwirtschaft zunächst
teuer. In Regensburg wurden zuletzt für ähnliche Summen Bürogebäude
errichtet, in denen mehr als dreimal so viele Leute arbeiten. Auch
mit Blick auf so manche Pfarrgemeinde, die finanziell aus dem letzten
Loch pfeift, wirken die Baukosten für den Bischofssitz fürstlich.
Immerhin können sich viele kirchliche Einrichtungen nur dank des
Engagements zahlreicher ehrenamtlicher Helfer über Wasser halten.
Doch nach Einschätzung von Experten bewegt sich die Investition -
falls die Summe so stimmt - im Rahmen dessen, was bei der Sanierung
öffentlicher historischer Gebäude anfallen kann. Mindestens zehn
Millionen Euro mehr kostet der Umbau des Limburger Bischofspalasts.
Dieses Projekt wurde vor allem wegen der langen Liste von
Extrawünschen des früheren Bischofs Franz-Peter Tebart-van Elst so
teuer. Die "Gärten der Stille" für 667 000 Euro, ein Teich für
Koi-Karpfen für 213 000 Euro, das inzwischen berühmte Badezimmer für
30 000 Euro - gemessen daran sind die 865 000 Euro für die
Dienstwohnung Voder-holzers im Innenhof des Niedermünsterstifts fast
asketisch. Dennoch: Für die überwiegende Mehrheit der Bürger bleibt
eine Wohnung für fast eine Million Euro auf ewig ein unerfüllbarer
Luxus. Offenbar ist das auch Voderholzer klargeworden. Statt der
neuen Bischofswohnung will er nun zwei einfachere Zimmer in dem
Gebäudetrakt beziehen. Das ist ein überraschendes Signal einer neuen
Bescheidenheit. In Regensburg bemühte sich das Bistum zumindest in
der jüngeren Vergangenheit um Transparenz, wie der Presserundgang
durch das neue Ordinariat am Freitag zeigt. Das war nicht immer so.
Die Heimlichtuerei wurde erst unter dem Eindruck der Tebartz-Affäre
beendet. In Limburg wiederum kam die Wahrheit über die wahren Kosten
scheibchenweise und nur unter öffentlichem Druck ans Licht. Unhaltbar
wurde Tebartz letztlich erst durch seine Falschaussagen, die das Fass
zum Überlaufen brachten. Hätte er von Anfang an die Wahrheit gesagt,
wäre er vermutlich noch Bischof. Immerhin hat die Kirche aus der
Affäre gelernt. Dass die deutschen Bischöfe und Papst Franziskus
Tebartz zum Rücktritt drängten, bedeutet ein öffentliches
Eingeständnis der eigenen Fehlbarkeit. In der katholischen Kirche
Deutschlands gab es vorher nichts Vergleichbares. Und wie jetzt in
Limburg legten in den vergangenen Monaten zahlreiche Bistümer ihr
bestgehütetes Geheimnis zumindest teilweise offen - ihre Finanzen.
Diese neue Transparenz ist eine Reaktion auf die stark gestiegenen
Kirchenaustritte in einzelnen Diözesen. Sie ist der Versuch,
verlorenes Vertrauen bei den Gläubigen zurückzugewinnen. In das
positive Bild passen die jüngsten Personalentscheidungen von Papst
Franziskus. So die Berufung von Stefan Oster zum Passauer Bischof,
einem Mann, der für Aufbruch und Erneuerung steht. Oder die Ernennung
von Rainer Maria Woelki zum Erzbischof von Köln. In seiner Zeit als
Berliner Oberhirte fuhr Woelki mit dem Fahrrad zur Arbeit und wohnte
zur Miete in einer Mansardenwohnung. Die Kirche bewegt sich doch.
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Mittelbayerische Zeitung
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Den ganzen Leitartikel lesen Sie unter:
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