Neue Westfälische (Bielefeld): Kommentar
Wissenschaftler gegen Dobrindt-Pläne
Seehofers Maut-Versagen
Hanna Gersmann, Berlin
Geschrieben am 03-08-2014 |
Bielefeld (ots) - Er nimmt sich einfach die Vorfahrt. Horst
Seehofer, der Anführer der kleinsten Koalitionspartei in Berlin. Für
ihn gibt es bei der Pkw-Maut kein Zurück. Er setzt dafür sogar die
Regierung aufs Spiel. Ein Irrweg. Die Mautvariante, die Seehofer
jetzt vom Bundesverkehrsminister planen lässt, ist nicht
durchzusetzen. Da ausländische Autofahrer stärker belastet werden als
inländische, widerspricht sie dem heutigen Verständnis von Europa. Zu
dem Schluss kommen nicht irgendwelche Oppositionspolitiker. Das
schreibt jetzt der wissenschaftliche Dienst des Bundestages. Und
dahinter stecken Juristen mit einwandfreiem Ruf. Andere Politiker
lassen sich von ihnen beraten. Seehofer nicht. Wenn man den CSU-Chef
so reden hört, könnte man meinen, es gehe ihm tatsächlich darum, dass
marode Brücken und Straßen saniert werden. Angesichts eines
gigantischen Investitionsstaus auf deutschen Straßen werde er bei der
Maut niemanden "aus dem Schwitzkasten" lassen. So sagt er das. Er ist
dann ganz der, der sich um die Bürger kümmert. Die Maut aber ist
nicht nur rechtlich zweifelhaft. Sie bringt kaum Geld. Sie
unterscheidet auch nicht zwischen viel und weniger befahrenen
Straßen, zwischen Stoßzeiten und Zeiten, in denen wenig los ist. So
entfaltet sie auch keine Lenkungswirkung. Das ficht den bayerischen
Ministerpräsidenten aber alles nicht an. Nein, Seehofer wollte sich
mit der Pkw-Maut beliebt machen - bei den Bayern. Die nervt es, dass
sie bei den Nachbarn eine Autobahnvignette kaufen müssen - während
die Österreicher und Italiener die bayerischen Straßen verstopfen,
ohne zu zahlen. Es war sein wichtigstes Wahlkampfprojekt, nachdem er
schon das Betreuungsgeld in Manier eines Dickkopfes durch-gesetzt
hatte. Mittlerweile aber überzeugt die Pkw-Maut noch nicht einmal
mehr Seehofers Parteikollegen. Politische Klugheit zeichnet sich auch
dadurch aus, Fehler einzugestehen, wenn die Argumente ausgehen.
Seehofer sagt aber stur: "Eine CSU scheitert nicht." Seine
Koalitionskollegen sollten eines tun - ein Stoppschild aufstellen.
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