Westdeutsche Zeitung: Die Reaktion der trägen Masse =
von Werner Kolhoff
Geschrieben am 13-08-2014 |
Düsseldorf (ots) - Am Fall Irak zeigt sich wieder: Der Westen ist
im Kampf gegen den radikalen Islamismus und andere Gefahren eine
träge Masse, die nur sehr langsam reagiert. Das hat unterschiedliche
Gründe. Der Westen schreit erst auf, wenn er Blut sieht, viel Blut.
Wenn sich eine Empörungswelle gebildet hat. Erst dann ist er bereit,
Opfer zu bringen. Das ist normal, denn die betroffenen Länder
scheinen weit weg zu sein. Umso mehr müssten aber die Regierungen und
ihre Geheimdienste auf der Hut sein. Sind sie aber nicht.
Im aktuellen Fall haben gleich mehrere Faktoren dafür gesorgt,
dass lange weggesehen wurde. Der eine: US-Präsident Obama wollte sich
durch ein entschlossenes "Raus aus dem Irak" von seinem Vorgänger
absetzen. Der andere: Europa schafft keine gemeinsame Außen- und
Sicherheitspolitik. Der Konflikt mit Russland kam als dritter Faktor
hinzu. Und dann ist da noch das Sonderproblem Deutschland. Hier gibt
es die Kultur der Friedfertigkeit und die alleinige Kompetenz des
Bundestages für Auslandseinsätze. Beides aus gutem Grund.
Aber unter dieser Begründungsdecke hat sich eine beträchtliche
Gemütlichkeit breitgemacht, die Neigung, nach allem zu suchen, nur
nicht nach eigenen Aktionsmöglichkeiten. Sie geht so weit, dass sogar
die Lieferung von nicht tödlichen Militärgütern an die verzweifelt
kämpfenden Kurden jetzt wieder zerredet und verzögert wird. Das ist
beschämend. Dafür hört man in diesen Tagen von Politikern aller
Parteien, schließlich hätten die USA den Irak-Schlammassel selbst
verursacht, dann sollten sie ihn nun auch abräumen. Als ob es nicht
jenseits des Fehlers von George W. Bush eine gemeinsame Verantwortung
gibt, die Jesiden und Christen vor den Fanatikern zu retten, als ob
es nicht das gemeinsame Interesse ist, kein Islamisches Kalifat zu
dulden, das irgendwann mit seinen Bomben auch unsere Bahnen, Busse
und Städte erreicht. Schon jetzt schauen die Behörden hilflos zu,
wenn IS-Sympathisanten auf hiesigen Straßen mit ihren Fahnen
auftreten und ihren Krieg gegen Andersgläubige verbal austragen. Auch
das ist beschämend. Wenn der Westen nicht koordinierter,
entschlossener und schneller auftritt, wird seine Lebensweise in
Gefahr geraten.
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Nachrichtenredaktion
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