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Bain-Studie zum Welthandel: Globale Handelsschranken kosten Milliarden

Geschrieben am 26-08-2014

München (ots) -

- Jedes Jahr verderben weltweit mehr als 1,3 Milliarden Tonnen
Lebensmittel oder gehen verloren, etwa weil grenzüberschreitende
Lieferketten nicht funktionieren
- Autohersteller wenden 50 Milliarden US-Dollar pro Jahr für Zölle
auf
- International integrierter Handel könnte Millionen Arbeitsplätze
schaffen und das globale Bruttoinlandsprodukt um fünf Prozent
steigern
- Aktuelle politische Krisen und neue Sanktionen belegen einmal
mehr die Relevanz reibungsloser Handelsabläufe

Ob es um Cassava-Mehl aus Nigeria, Tomaten aus Indien, Avocados
aus Kenia oder Autos aus Rumänien geht: Zeit ist Geld. Verzögerungen
beim Im- oder Export von Waren durch Wartezeiten an Grenzen,
mangelnde Infrastruktur und Korruption verursachen
Milliardenverluste. Für weiteres Wachstum auf der Welt müssen mehr
als nur bilaterale Handelsabkommen geschlossen werden. Heute geht es
darum, sowohl Politik als auch Wirtschaft und Gesellschaft in die
Pflicht zu nehmen, um international integrierte Waren- und
Wertschöpfungsketten zu schaffen. Das geht aus der Studie "Enabling
Trade: From Valuation to Action" der internationalen
Managementberatung Bain & Company in Zusammenarbeit mit dem World
Economic Forum hervor.

Weltweit suchen Führungskräfte nach Wegen, um neue Märkte zu
erschließen, und sie engagieren Lieferanten dort, wo ihnen die besten
Preise geboten werden. Die meisten nationalen Regierungen haben die
Chancen erkannt, die der moderne Welthandel bietet, und bemühen sich
um Handelsabkommen. Fast überall auf der Welt bewegen sich die Zölle
bereits im einstelligen Prozentbereich. Der nächste Schritt muss
deshalb über Zollsenkungen hinausgehen.

Nach Berechnungen von Bain könnte die Beseitigung von Hemmnissen
in internationalen Lieferketten weltweit ein Wachstum des
Bruttoinlandsprodukts von knapp fünf Prozent bewirken. Dies
entspricht dem Sechsfachen dessen, was die Abschaffung sämtlicher
Zölle generieren würde. In Südostasien wäre durch nahtlos
funktionierende Lieferketten ein Wachstumsplus von acht Prozent, in
Afrika sogar von zwölf Prozent möglich.

Im Bereich der Landwirtschaft und der Automobilindustrie hat Bain
analysiert, wo die Handlungsfelder liegen und welche Entscheider in
den Deregulierungsprozess einzubinden sind. Beide Branchen leiden
unter Verzögerungen, die auf dem Weg von der Produktion hin zu den
Märkten entstehen. Könnte ein Autobauer zwischen Fabrik und Händler
nur einen Tag Zeit einsparen, wäre dies gleichbedeutend mit einer
Zollsenkung um zwei Prozent. Kämen Feldfrüchte einen Tag schneller in
die Geschäfte, entspräche das einer Zollsenkung um 1,1 Prozent.

Nahtlose Lieferketten sorgen für effizientere
Lebensmittelversorgung

Produzierte, aber nicht verzehrte Lebensmittel benötigen nahezu 30
Prozent der weltweiten Agrarflächen. Während in Europa und
Nordamerika 40 Prozent der Lebensmittelverluste nach dem Kauf in den
Haushalten anfallen, sind es in Afrika nur sechs Prozent. Dort
stellen sich 94 Prozent der Verluste zwischen Ernte und Distribution
ein. Die Grenzabfertigung zwischen Ruanda und der Republik Kongo
dauert ähnlich lange wie eine Transportstrecke von 1.600 Kilometern.
Optimierte Lieferketten könnten helfen, Armut und Hunger zu bekämpfen
und Lebensmittel erschwinglicher zu machen. Höhere Effizienz wird zu
einem Schlüsselfaktor, denn in den nächsten Jahrzehnten wird sich die
weltweite Agrarproduktion verdoppeln müssen. Es gilt nicht nur eine
wachsende Erdbevölkerung zu ernähren, sondern auch die steigenden
Ernährungsansprüche einer zunehmenden Zahl wohlhabender Verbraucher
zu bedienen. Hinzu kommt die größer werdende Nachfrage nach
Biobrennstoff.

Weniger Verluste dank nahtloser Lieferketten in der Landwirtschaft
bedeuten zudem aktiven Umweltschutz. Immerhin steht der Agrarsektor
für 14 Prozent der auf der Erde produzierten Klimagase und für 70
Prozent des Frischwasserverbrauchs. Bislang konzentrieren sich fast
alle Bemühungen der Branche darauf, die Lebensmittelproduktion zu
erhöhen. Die nächste Herausforderung wird sein, Verschwendung durch
Zeitverlust und Lieferprobleme zu bekämpfen.

Leichterer Marktzugang, bessere Transport- und
Kommunikationsinfrastruktur, effizientere Grenzabfertigung und höhere
Investitionen in die Lebensmittelverarbeitung vor Ort sind das Gebot
der Stunde. In Indien helfen einfache Lösungen, beispielsweise
moderne Transportcontainer aus Plastik, die jährlichen Ernteverluste
deutlich zu verringern. "Verbessertes Management der Lieferketten ist
ein effektives Werkzeug zur nachhaltigen Versorgung der Welt mit
Nahrungsmitteln", sagt Walter Sinn, Deutschlandchef von Bain &
Company. "Unternehmen haben gute Chancen, bessere Beziehungen zu
Landwirten und Verbrauchern zu schaffen und gleichzeitig ihre
Nachhaltigkeits- und Wachstumsziele zu erreichen."

Komplexen Prozessen an den Grenzen entgegenwirken

Auch die international extrem wettbewerbsintensive
Automobilindustrie hat eine lange konfliktreiche Geschichte, die
geprägt ist von Protektionismus einerseits und dem Wunsch nach
Globalisierung andererseits. Immer noch verteuern Zollschranken,
Importsteuern und komplexe gesetzliche Auflagen den Automobilhandel.
Allein für Zölle müssen die Hersteller weltweit jährlich 50
Milliarden US-Dollar aufwenden.

Dank der Welthandelsorganisation (WTO) und anderer Institutionen
sind internationale Lieferketten mittlerweile kostengünstiger und
divergierende gesetzliche Vorschriften vereinheitlicht worden. Jetzt
muss es darum gehen, subtilere Handelshindernisse zu beseitigen. Dazu
gehören insbesondere die komplexen Prozesse beim Grenzübergang - oft
müssen alle Unterlagen in mehreren verschiedenen Sprachen vorliegen -
und Exporthürden.

Die Liste der Handelshindernisse ist lang. Beim Grenzübergang nach
Russland etwa wird nahezu jeder Transporter genau gewogen. Kleinste
Abweichungen beim Gewicht führen zu Verzögerungen. Sind
beispielsweise Paletten in Westeuropa wetterbedingt nass abgegangen
und beim Eintreffen in Russland wieder getrocknet, müssen sie neu
gewogen werden. Unterschiedliche Sicherheitsstandards in der
Europäischen Union und den USA belasten die Autoindustrie, ohne dass
ein Nutzen für den Verbraucher erkennbar ist. Diese Standards zu
koordinieren, würde zu enormen Kosteneinsparungen führen, denn unter
anderem ließen sich die Produktlinien für Licht, Türschlösser,
Bremsen und Steuersysteme reduzieren.

Wollen politische Entscheidungsträger den Welthandel für mehr
Wohlstand in ihren Ländern nutzen, müssen sie den freien Warenverkehr
unterstützen, statt ihn zu blockieren. "Wie brandaktuell dieses Thema
ist und welche Konsequenzen Handelsbeschränkungen haben, zeigen
einmal mehr die politischen Akteure in der aktuellen Ukrainekrise",
so Bain-Deutschlandchef Sinn. "Was diese Entwicklung an
Wohlstandsverlust für alle betroffenen Länder bedeutet, bleibt noch
abzuwarten.



Pressekontakt:
Leila Kunstmann-Seik, Bain & Company Germany, Inc., Karlspatz 1,
80335 München
E-Mail: leila.kunstmann-seik@bain.com, Tel.: +49 (0)89 5123 1246,
Mobil: +49 (0)151 5801 1246


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