DER STANDARD-Kommentar: "Steuerreform - oder Selbstaufgabe" von Gerald John
Geschrieben am 27-08-2014 |
Mit Mitterlehner als ÖVP-Chef steigt die Chance auf eine
Einigung in der Koalition (Ausgabe ET 28.8.2014)
Wien (ots) - Es war ein Slalom durch ein rhetorisches Minenfeld:
Penibel achtete Reinhold Mitterlehner bei seinen ersten Auftritten
darauf, nur ja keinen politischen Sprengsatz auszulösen. Für die
Bremser im Steuerstreit hatte er ebenso Tröstliches im Repertoire
("Nein zur Vermögenssteuer im engeren Sinn") wie für die Dränger
("werden uns bewegen"). Eine klare Linie skizzierte der neue VP-Chef
nicht, vielmehr - wie er selbst sagt - eine Quadratur des Kreises.
Doch immerhin, eine Botschaft lässt sich aus dem Gewirr an
Relativierungen herausschälen. Frei übersetzt lautet diese: Die SPÖ
kann sich abschminken, dass sich Mitterlehner rasch einmal vor ihr
auf den Bauch wirft - der frischgebackene Vizekanzler will ja nicht
als Blitz-Umfaller in die Geschichte eingehen. Am Ende aller
taktischen Scharmützel wird die ÖVP aber nicht bloß über
Vermögensbesteuerung reden, sondern diese auch in irgendeiner
Variante akzeptieren, um den Weg zur Steuerreform freizumachen. Weil
ein ewiger koalitionärer Stellungskrieg zu nichts anderem als
Wählervertreibung führt.
Das ist im Vergleich zum Vorgänger schon eine kleine Revolution.
Politische Kurzsichtigkeit hatte Michael Spindelegger bewiesen, indem
er seine Absage an neue Steuern unbeirrbar einzementierte; es braucht
nicht rasend viel Scharfsinn für die Erkenntnis, dass eine Koalition
nur funktionieren kann, wenn die Partner einander in den jeweiligen
Herzensanliegen entgegenkommen. Spindelegger aber verbaute jeden
Ausweg - außer jenen, sich in pathosgeschwängerter Märtyrerpose
("stehe mit meiner Überzeugung alleine") zu verdrücken.
Rückt die ÖVP von dieser Linie nicht ab, hätte sie sich ihre
Rochade sparen können. Den passenden Obmann hat sie gewählt:
Mitterlehner bewies schon öfter, dass er sich von antiquierten
Parteitraditionen nicht den Sachverstand vernebeln lässt. Mit seinen
Plädoyers für Kinderbetreuung und Ganztagsschule war der pragmatische
Oberösterreicher Vorreiter in den eigenen Reihen. Potenzielle
argumentative Stützen für den aktuellen Fall: Eine Entlastung der
Arbeitseinkommen könnte das flaue Wirtschaftswachstum ankurbeln, zur
Finanzierung drängen sich die in wenigen Händen konzentrierten, aber
schwach besteuerten Vermögen auf.
Die Spindelegger-Kritiker müssen dabei beweisen, dass es ihnen
nicht bloß um Profilierung auf Kosten eines weiteren geopferten
Obmannes ging. So manchem VP-Granden könnte rasch die eben erst
demonstrierte Lust auf eine Steuerreform vergehen, wenn für die
Gegenfinanzierung die eigene Klientel mitzahlen muss - und das ist im
Fall der Vermögenssteuer unvermeidbar. Die SP-Pläne nehmen zwar
Betriebsvermögen aus, nicht aber Beteiligungen an Unternehmen, sofern
diese eine Million übersteigen. Der Wirtschaftsbündler Mitterlehner
tendiert deshalb wohl zu einer höheren Grundsteuer, doch da stehen
wieder die Bauern auf den Barrikaden.
Auch die SPÖ muss sich bewegen und ein Gegengeschäft anbieten.
Passendes Zugeständnis an Mitterlehner, der wohl
Wissenschaftsminister bleibt, wären Studiengebühren. Doch dafür
müsste die SP-Spitze in Kauf nehmen, nach den Frauen auch noch die
Parteijugend zu vergrätzen.
Trotz aller Hürden: Der VP-Wechsel hat die Chancen für eine
vernünftige Steuerreform entscheidend erhöht. Scheitert die Koalition
auch in dieser Konstellation daran, hat sie sich selbst die
Existenzberechtigung entzogen.
Rückfragehinweis:
Der Standard, Tel.: (01) 531 70/445
Digitale Pressemappe: http://www.ots.at/pressemappe/449/aom
*** OTS-ORIGINALTEXT PRESSEAUSSENDUNG UNTER AUSSCHLIESSLICHER
INHALTLICHER VERANTWORTUNG DES AUSSENDERS - WWW.OTS.AT ***
Kontaktinformationen:
Leider liegen uns zu diesem Artikel keine separaten Kontaktinformationen gespeichert vor.
Am Ende der Pressemitteilung finden Sie meist die Kontaktdaten des Verfassers.
Neu! Bewerten Sie unsere Artikel in der rechten Navigationsleiste und finden
Sie außerdem den meist aufgerufenen Artikel in dieser Rubrik.
Sie suche nach weiteren Pressenachrichten?
Mehr zu diesem Thema finden Sie auf folgender Übersichtsseite. Desweiteren finden Sie dort auch Nachrichten aus anderen Genres.
http://www.bankkaufmann.com/topics.html
Weitere Informationen erhalten Sie per E-Mail unter der Adresse: info@bankkaufmann.com.
@-symbol Internet Media UG (haftungsbeschränkt)
Schulstr. 18
D-91245 Simmelsdorf
E-Mail: media(at)at-symbol.de
543850
weitere Artikel:
- RNZ: Online-Banking als Vabanque-Siel Heidelberg (ots) - Das Bundeskriminalamt leistete deshalb gestern
seinerseits eine wichtige Beratungshilfe, die die Erfinder der oben
geschilderten Geschäftspolitik natürlich nicht freuen wird: Denn nur,
wer seine Bankgeschäfte am Schalter erledigt, kann sicher sein,
keinem Betrüger auf den Leim zu gehen. Online-Banking ist unsicher.
Das Geldabheben am Automaten an Wochenenden längst ein
Vabanque-Spiel. Mitarbeiter eines bekannten Softwarekonzerns meiden
übrigens schon seit Jahren jegliche Geldautomaten. Das Online-Banking
ist für mehr...
- Südwest Presse: KOMMENTAR zur ZUWANDERUNG
Ausgabe vom 28.08.2014 Ulm (ots) - KOMMENTAR zur ZUWANDERUNG
Ausgabe vom 28.08.2014 Deutschland ist attraktiv, nicht nur weil
es Sicherheit, Verlässlichkeit und Rechtsstaatlichkeit bietet. Das
Land hat Jobs und damit Perspektiven für viele junge Europäer, die
sich in ihrer Heimat beruflich nicht entwickeln können. Davon
profitieren Firmen hierzulande. Ein offensichtlich reiches Land lockt
natürlich auch Arme an. In Bulgarien und Rumänien haben sich viele
Großfamilien auf den Weg gemacht. Angekommen sind sie meist in
Großstädten im Ruhrgebiet. Die dort mehr...
- Märkische Oderzeitung: Umfrage sieht Brandenburger SPD vor Wahlsieg Frankfurt/Oder (ots) - Frankfurt (Oder) (thi) Die brandenburgische
SPD kann bei den Landtagswahlen mit einem Sieg vor CDU und
Linkspartei rechnen. Das ergab eine Umfrage von infratest dimap im
Auftrag der Märkischen Oderzeitung und des rbb-Nachrichtenmagazins
"Brandenburg Aktuell". Wären bereits an diesem Wochenende
Landtagswahlen, würden 33 Prozent der Befragten der SPD ihre Stimme
geben. Auf Platz zwei rangiert die CDU mit 27 Prozent. Die Linke
könnte mit 21 Prozent rechnen. Die Alternative für Deutschland (AfD)
würde mit 6 Prozent mehr...
- Der Tagesspiegel: Berliner Piraten-Fraktionschef Delius: "Wir wollen in eine linke Regierung" Berlin (ots) - Der Chef der Berliner Piratenpartei, Martin Delius,
hat sich nach der Rücktrittsankündigung des Regierenden
Bürgermeisters Klaus Wowereit (SPD) für eine "Regierung der linken
Mehrheit" mit SPD und Linkspartei ausgesprochen. "Die Gelegenheit ist
ideal", sagte Delius dem Berliner "Tagesspiegel" (Donnerstagausgabe).
"Wir könnten uns aber auch ein Tolerierungsmodell vorstellen.
http://www.tagesspiegel.de/berlin/ruecktritt-von-klaus-wowereit-de
lius-hauptsache-die-cdu-fliegt-aus-der-regierung/10618376.html
Inhaltliche mehr...
- Westdeutsche Zeitung: Nur Dienst nach Vorschrift =
von Stefan Vetter Düsseldorf (ots) - Streng genommen forscht die Wissenschaft im
Auftrag der Politik schon seit fast einem Jahrzehnt am Für und Wider
der familienbezogenen Leistungen in Deutschland. Die Experten dürften
jeden Euro einzeln umgedreht haben, den der Staat für Kinder,
Ehepaare, Alleinerziehende und Witwen ausgibt. Das Ergebnis liegt nun
in einem Bericht vor - und verschwindet wohl sang- und klanglos in
der Schublade. Schon beim Zwischenfazit 2013 befand die damalige
CDU-Familienministerin Kristina Schröder, dass im Prinzip alles so
bleiben mehr...
|
|
|
Mehr zu dem Thema Aktuelle Politiknachrichten
Der meistgelesene Artikel zu dem Thema:
LVZ: Leipziger Volkszeitung zur BND-Affäre
durchschnittliche Punktzahl: 0 Stimmen: 0
|