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DER STANDARD-Kommentar: "Pereiras Glück und Ende" von Andrea Schurian

Geschrieben am 28-08-2014

(Ausgabe ET 29.8.2014)

Wien (ots) - Zweifellos hat Alexander Pereira Fehler gemacht.
Gleich nach Ankunft an seinem beruflichen Traumziel Salzburg forderte
er das Kuratorium zum Duell. Doch statt einer fixen Zusage auf
Vertragsverlängerung über 2016 hinaus stellte man ihm in einer
Mischung aus Provinzposse und politischer Hasenfüßigkeit den Sessel
vorzeitig vor die Festspieltür. Zu großmannssüchtig und wagemutig
seien seine Ambitionen, zu überbordend sein Programm. Über die
Inhalte redete man vorsichtshalber gar nicht. Doch indem man Pereira
schlug, haute man auch die Kunst. Beiden tat man bei genauerer
Betrachtung unrecht.

Freilich, nicht alles war echtes Gold, was in Pereiras drei
Intendantenjahren so glänzte und glitzerte; und fallweise wirkten die
Festspiele in ihrer atemlosen Üppigkeit so neureich wie einige der
allzu aufgebrezelten Besucherinnen. Aber Pereira hat unbestreitbar
ein Gespür für künstlerische Konstellationen: Pereira entdeckte neue
Talente, holte aber auch die publikumswirksamen Stars - alle loben
auf Befragung seine Risikofreude und seine Loyalität.

Pereira liebt das Risiko. Opernregie-Neulingen wie Alvis Hermanis
überantwortete er Prestigeproduktionen, 2012 Die Soldaten, heuer Il
trovatore, stellte ihm aber vorsichtshalber das Stimmwunder Anna
Netrebko zur Seite. Der Plan ging auf, Il trovatore war trotz etwas
alberner Bühnenbilder-Schiebereien restlos überbucht - so wie
übrigens auch Der Rosenkavalier, für den er den stilsicheren
Old-School-Meisterhandwerker Harry Kupfer engagierte. Mit Verspätung
realisierte er in seinem letzten Jahr die erste Opernuraufführung:
Luc Bondy, dessen Theaterinszenierungen zuletzt eher gepflegt
langweilig waren, entwickelte für Marc-André Dalbavies Charlotte
Salomon ein spektakuläres, simultan bespieltes, exzellent besetztes
Breitbildformat für die Felsenreitschule.

Mit seinem Schauspielchef (und Interimsnachfolger) Sven-Eric
Bechtolf scheint Pereira, bevorstehende Scheidung hin oder her, heuer
inhaltlich wirklich zusammengefunden zu haben. Vielleicht hat das
2014er-Motto "Erster Weltkrieg" das künstlerisch Gemeinsame über das
intendantisch Trennende gestellt. Herausragend in der
Schauspielabteilung waren fraglos Die letzten Tage der Menschheit.
Georg Schmiedleitner war in der Begrenztheit von (Vorbereitungs-)Zeit
und (Bühnen-)Raum mehr als nur ein perfekter Notnagel für den
ursprünglich vorgesehenen Regisseur, Ex-Burgchef Matthias Hartmann.

Der beengte Rahmen für Kraus' überbordendes und überforderndes
Marstheater ist Sinnbild fürs Festspieldilemma. Der Kulturminister
sollte dringend über eine Adaptierung des Festspielgesetzes
nachdenken. Markus Hinterhäuser, aktuell Wiens Festwochenchef, ab
2017 Salzburgs Festspielintendant, will für ein besseres
Gesprächsklima mit dem Kuratorium sorgen. Das mag ihm als Garant fürs
Außergewöhnliche gelingen. Doch modernere Strukturen wären, neben
einer dauerhaften Finanzaufstockung, ein passendes Einstandsgeschenk
für ihn.

Rückfragehinweis:
Der Standard, Tel.: (01) 531 70/445

Digitale Pressemappe: http://www.ots.at/pressemappe/449/aom

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