Börsen-Zeitung: Die Rückkehr der Volatilität, Marktkommentar von Stefan Schaaf
Geschrieben am 29-08-2014 |
Frankfurt (ots) - Meinungsverschiedenheiten sind das Salz in der
Suppe des Börsenhandels. Zwei Marktteilnehmer werden nur ein Geschäft
abschließen, wenn sie unterschiedlicher Auffassung über die
Kursentwicklung sind. Glauben aber alle beispielsweise an einen
fallenden Euro, wie derzeit der Konsens lautet, dann geht der Kurs
ohne große Ausschläge nach unten.
In die Terminologie des Finanzmarktes übersetzt: Die Volatilität
ist gering. Dieses Phänomen prägt schon seit Monaten den
Devisenmarkt. Der von der Deutschen Bank berechnete Volatilitätsindex
CVIX für den Währungshandel liegt noch immer nur knapp über seinen
Rekordtiefs vom Frühsommer. Und das, obwohl an den Finanzmärkten noch
immer vieles nicht stimmt, wie der negative Tagesgeldsatz Eonia
zeigt. Vereinfacht gesagt: Banken leihen sich gegenseitig selten
Geld, wenn sie es aber tun, dann bezahlen sie dafür, dass sie einem
anderem Institut Liquidität geben dürfen.
Mit der niedrigen Volatilität könnte es aber bald vorbei sein.
Grund dafür sind die immer stärker divergierenden Zinserwartungen
zwischen den USA auf der einen sowie der Eurozone auf der anderen
Seite. Hierbei ist es sinnvoll, auf die Ursache der niedrigen
Volatilität zu schauen. Sie ist vor allem eine Folge der sogenannten
Forward Guidance der beiden wichtigsten Notenbanken, der Federal
Reserve (Fed) und der Europäischen Zentralbank (EZB). Sie hatten vor
geraumer Zeit angekündigt, ihre Zinsen noch eine ganze Weile niedrig
zu lassen. Das war eine Abkehr von der lange üblichen, vagen
Kommunikation von Notenbankern. Man erinnere sich an das Orakelhafte
von Alan Greenspan oder die wortreichen Nicht-Statements von
Jean-Claude Trichet. Ganz anders Mario Draghi sowie erst Ben Bernanke
und dann Janet Yellen: Sie haben in für Notenbanker ungewohnter
Klarheit den Zinspfad skizziert. Dies ließ kaum Spielraum für
Zinsspekulationen und davon induzierten Währungsschwankungen.
Solange sich die Zinsen nicht ändern werden - und der Markt dies
den Notenbanken auch glaubt -, kann es am Markt nur eine Meinung
geben, die Volatilität ist gering. Das hat nebenbei einen gewissen
Beruhigungseffekt, da niedrige Volatilität auch immer mit niedrigem
Risiko assoziiert wird. Zusammen mit der seit Jahren anhaltenden
reichlichen Liquiditätsversorgung insbesondere durch die Fed - die
EZB hat zwischenzeitlich ihre Bilanz kräftig geschrumpft - führte die
von den Notenbanken gedämpfte Volatilität zu höherer
Risikobereitschaft und damit steigenden Kursen bei Risk-Assets wie
Aktien oder Hochzinsanleihen.
Auch wenn der CVIX trotz geopolitischer Spannungen noch ein
anderes Signal sendet, die Volatilität am Devisenmarkt dürfte wieder
steigen. Dafür spricht, dass auch "ein längerer Zeitraum", so die
Definition der Forward Guidance, einmal zu Ende geht. Das scheint der
Fall zu sein, und der Anleihemarkt nimmt dies bereits vorweg. Der
Spread zwischen den zinssensitiven Anleihen mit zwei Jahren Laufzeit
aus den USA und aus Deutschland (als Benchmark der Eurozone) hat sich
deutlich ausgeweitet. Da höhere Spreads im Denken der Finanzmärkte
für höheres Risiko stehen, dürfte sich dies früher oder später in
höherer Volatilität niederschlagen.
Hintergrund dafür ist, dass die EZB wohl die Geldpolitik noch
weiter lockern wird, möglicherweise schon am nächsten Donnerstag,
während die Fed voraussichtlich auf steigende Zinsen zugeht. Auf
diesem Weg wird es jedoch Unebenheiten geben - in den
zugrundeliegenden Konjunkturdaten, in der Kommunikation, in den
Erwartungen an den Zeitpunkt der US-Zinserhöhung. All dies wird die
Volatilität steigen lassen, weil es Raum für Spekulationen und
Meinungsunterschiede der Marktteilnehmer gibt.
Doch allzu sehr wird - zur Enttäuschung der Händler - die
Volatilität wohl kaum steigen. Denn auch bei einer Zinswende werden
die US-Zinsen im historischen Vergleich niedrig bleiben.
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Telefon: 069--2732-0
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