Mittelbayerische Zeitung: Leitartikel von Stefan Stark zu Andrea Nahles' Plänen von einem Anti-Stress-Gesetz
Geschrieben am 29-08-2014 |
Regensburg (ots) - Und jedes Jahr grüßt das Sommerloch: Längst
legendär ist die Anregung des einstigen Oberpfälzer CSU-Abgeordneten
Dionys Jobst, Mallorca zum 17. Bundesland zu machen. Ein medialer
Knaller war vor einiger Zeit auch die Forderung der DGB-Funktionärin
Annelie Buntenbach, eine Siesta im Büro einzuführen. In der
vergangenen Woche nun reihte sich Arbeitsministerin Andrea Nahles mit
ihrem Vorschlag für ein Anti-Stress-Gesetz nahtlos in die Reihe der
unterhaltsamen, aber wirklichkeitsfernen Debattenbeiträge ein. Falls
es noch eines Beweises bedurft hätte, dass die Berufspolitikerin
Nahles die Realität in den Unternehmen nur vom Hörensagen kennt,
liefert sie ihn jetzt selbst. Vielleicht hat die Ministerin - geprägt
durch ihre 20 Semester dauernde Studienzeit - ja eine eigene
Wahrnehmung für die Zumutbarkeiten der Arbeitswelt entwickelt.
Während die SPD-Politikerin der dauernden Erreichbarkeit den Kampf
ansagt, wird der Alltag in den Unternehmen längst von Smartphones,
Tablets und Notebooks geprägt. Gleichzeitig verschwimmen mit den
mobilen Geräten die Grenzen zwischen Beruf und Freizeit. Ob
geschäftliche E-Mails nach Feierabend oder die SMS vom Chef am
Frühstückstisch - was manche nerven mag, ist für andere
selbstverständlicher Bestandteil des Jobs. Ganz zu schweigen von den
zahllosen Berufen, die ohne Rufbereitschaft oder Notfallhotline nicht
denkbar wären. Außerdem setzen sich viele am Abend ganz freiwillig
vor den Computer. Laut einer Studie, die fast zeitgleich zur
Forderung von Nahles veröffentlicht wurde, gehören Internet und PC zu
den beliebtesten Freizeitaktivitäten der Deutschen. Natürlich hat die
SPD-Politikerin mit ihrem Hinweis Recht, dass die Zahl der
psychischen Erkrankungen der Beschäftigten seit Jahren steigt. Das
belegen regelmäßig Studien der Krankenkassen. Doch das Lesen von
E-Mails nach Dienstschluss allein löst keinen Burnout und keine
Depressionen aus. Dafür muss einiges zusammenkommen. Unsichere
Arbeitsverhältnisse, miserable Vorgesetzte, Versagensängste, fehlende
Anerkennung, monotone Tätigkeiten, Schichtarbeit, mangelnde
Aufstiegsperspektiven, Familienfeindlichkeit - das sind die
Schreckgespenster der Arbeitswelt, die viele Beschäftigte bis in den
Schlaf als Alpträume verfolgen. So kann (ungesunder) Stress
entstehen, der irgendwann zur permanenten Qual wird. Dazu kommen dann
oft Bewegungsmangel und ungesunde Ernährung - auch in
Betriebskantinen. Wenn viele dieser Faktoren zusammentreffen, werden
die Beschäftigten fast zwangsläufig krank. Doch ein gesetzliches
Stressverbot macht sie nicht wieder gesund. Wir brauchen eine bessere
Gesundheitsvorsorge in den Unternehmen, anstatt neue bürokratische
Vorschriften, die später sowieso niemand überwacht. Die Politik
sollte daher besser über Anreize für Betriebe diskutieren, mehr in
Prävention zu investieren. Dazu gehört auch eine neue Arbeitskultur,
die sich um die Probleme der alternden Belegschaften genauso kümmert
wie um die Erwartungen des beruflichen Nachwuchses. Und natürlich
sind auch die Beschäftigten selbst gefragt, ihr höchstes Gut - die
Gesundheit - zu erhalten. Mit einem Anti-Stress-Gesetz wird die
Politik diese Ziele nicht erreichen. Es wird voraussichtlich in der
Versenkung verschwinden - genauso wie so viele andere unterhaltsame
Sommerloch-Ideen. Ein Indiz dafür ist, dass sich viele
Gesundheitsexperten in den zuständigen Ministerien derzeit noch im
Urlaub vom Stress regenerieren. Und Nahles kann sie ja nun kaum via
E-Mail vom Pool zur Arbeit scheuchen... Entweder war das Timing von
Nahles schlecht - oder sie wollte von Anfang an nur einen medialen
Kracher in der Saure-Gurken-Zeit.
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