Neue Westfälische (Bielefeld): Kommentar: NATO will aufrüsten / Putin will Ukraine spalten
Der Kalte Krieg ist zurück
THOMAS SEIM
Geschrieben am 31-08-2014 |
Bielefeld (ots) - Die deutsche Debatte über die Ukraine-Krise ist
bislang in die Vergangenheit gerichtet. Aller Streit über die Frage
der Schuld an der Eskalation führt nicht in eine Entspannung. Die
Suche nach einem Ausweg muss auf eine kühle Analyse der Interessen
zielen. Russland will nach zwei Jahrzehnten des politischen und
ökonomischen Bedeutungsverlustes zurück auf die Bühne internationaler
Politik. Dafür steht Putin, dessen Reputation im eigenen Land vom
Erfolg dieser Linie abhängt. Moskau sieht sich auf der Grundlage
seiner Gaslieferungen und einer gewissen Erstarkung seines
militärischen Sektors gestärkt. Zum Gefühl neuer Stärke trägt
militärisch der aus Putins Sicht erfolgreiche Konflikt mit Georgien
2008 bei. Ökonomisch setzt er im eurasischen Wirtschaftsraum auf eine
Annäherung an China. Auf beides gründet Putins Gefühl der Stärke. Der
Westen setzt ebenfalls auf Ausdehnung seines Wirtschaftsraums in neue
Regionen im Osten, agiert aber tatsächlich uneinheitlich. Alle
Erweiterungen der NATO, insbesondere aber der EU dienten diesem Ziel.
Anders als Russland liegt dem bislang keine militärische Option zu
Grunde. Dies zu ändern - darauf zielt der Plan einer 10.000 Mann
starken NATO-Eingreiftruppe, den Großbritannien jetzt ins Spiel
bringt. Der strategische Partner der Europäer - die USA - hat sich
nach dem Ende des alten Kalten Krieges indes in allen strategischen
Überlegungen auf den Pazifikraum und den sich dort abzeichnenden
Konkurrenzkampf mit der Weltmacht China konzentriert. Das Ergebnis
der Entwicklungen ist die Rückkehr des Kalten Krieges. Was tun? Henry
Kissinger, Ex-Außenminister der USA, hat einen Plan für
"ausbalancierte Unzufriedenheit" vorgelegt. Im Kern setzt er auf
ökonomische und politische Unabhängigkeit der Ukraine, ein
militärisches Abstandsgebot für die NATO, völlige Autonomie für Krim
und Ostukraine sowie einen Plan für innerukrainische Aussöhnung. So
hätte es sein können vor ein paar Wochen. Jetzt deutet alles auf ein
Scheitern dieser Option. Statt dessen birgt der neue Kalte Krieg alle
Risiken, die wir aus dem letzten Jahrhundert kennen. Es fehlt eine
wirkende Initiative, die auf Wandel durch Annäherung setzt.
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