Westdeutsche Zeitung: Der Bundestag stimmt Waffenlieferungen in den Irak zu =
von Stefan Vetter
Geschrieben am 01-09-2014 |
Düsseldorf (ots) - Es ist gut, dass sich der Bundestag in einer
sehr sachlich und ernsthaft geführten Debatte mit dem fundamentalen
Kurswechsel in der deutschen Außenpolitik beschäftigt hat. Schlecht
ist, dass die Sondersitzung erst stattfand, nachdem der Kurswechsel
von der Bundesregierung bereits beschlossen war. Streng nach Gesetz
hat das Parlament bei der Entscheidung, erstmals Waffen an Kräfte in
einem Kriegsgebiet zu liefern, die nicht zu Deutschlands Verbündeten
zählen, zwar keinerlei Mitspracherechte. Gleichwohl ist das Thema zu
bedeutend, als dass es nur an einem Kabinettstisch abgehandelt werden
könnte. So bleibt dann auch ein fader Beigeschmack. Nämlich der von
der Arroganz der Macht, konkret von einer großen Koalition, die sich
anfangs sogar verwundert zeigte, als der Ruf nach einer
parlamentarischen Befassung laut wurde. Dabei kann es der
Bundesregierung doch eigentlich nur Recht sein, dass ihr Entschluss
nun auch von einer breiten Mehrheit im Bundestag mitgetragen wird.
Dass die Koalitionstreue am Ende viele Zweifel bei den Abgeordneten
von Union und SPD wegwischte, steht dabei allerdings außer Frage.
Nicht nur, weil eine breite Mehrheit der Bevölkerung gegen
Waffenlieferungen in den Norden Iraks ist. Sondern auch deshalb, weil
mancher Befürworter gestern im Bundestag aus seinem Zwiespalt keinen
Hehl machte und dabei Argumente anklangen, die eine Ablehnung
gerechtfertigt hätten. Das Gewichtigste: So groß das Leiden der
Kurden im Kampf gegen die bestialischen IS-Terroristen ist, so hoch
ist auch das Risiko, dass deutsche Panzerfäuste, Handgranaten und
Maschinengewehre für weitergehende Ziele wie etwa der Errichtung
eines eigenen Kurdenstaates missbraucht werden, den Berlin vehement
ablehnt. Keiner vermag vorherzusagen, wie sich Deutschland dann
verhält, wo es doch durch die Waffenlieferungen indirekt schon
Kriegspartei geworden ist. Nach Darstellung der Regierung handelt es
sich bei den Waffenexporten um einen Ausnahmefall, um Nothilfe und
keinen Paradigmenwechsel oder gar Tabubruch. Trotzdem hat Schwarz-Rot
damit eine Grundüberzeugung deutscher Außenpolitik aufgegeben, die
der militärischen Selbstbeschränkung.
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