"Report Mainz", heute, 2. September 2014, um 21.45 Uhr im Ersten / Traumatisierte Polizisten: Betroffene allein gelassen
Geschrieben am 02-09-2014 |
Mainz (ots) - Nach Ansicht des Kriminologen Prof. Christian
Pfeiffer, Kriminologisches Forschungsinstitut Niedersachsen e. V.,
gibt es mehr Polizisten, die durch dienstliche Einsätze an einer
Posttraumatischen Belastungsstörung erkrankt sind, als offiziell
zugegeben wird. Das berichtet das ARD-Politikmagazin "Report Mainz"
(heute, 21.45 Uhr im Ersten). "Das Problem wird klein geredet und
nicht richtig wahrgenommen. Aus meiner Sicht ist die Polizei auf
diesem Auge bundesweit ein bisschen blind", sagte Prof. Christian
Pfeiffer.
"Report Mainz" hatte zuvor bei den Innenministerien der Länder
nachgefragt, wie viele Polizisten in den vergangenen zehn Jahren im
Dienst an einer Posttraumatischen Belastungsstörung erkrankt sind. 12
von 16 Bundesländern gaben in der Umfrage an, die Zahl der
Betroffenen gar nicht statistisch zu erfassen. Rheinland-Pfalz,
Bremen, Mecklenburg-Vorpommern und Sachsen-Anhalt gehen nur von
einzelnen Fällen aus: Rheinland-Pfalz von 35, Bremen von drei
Betroffenen.
Der Kriminologe Prof. Christian Pfeiffer sagte daraufhin gegenüber
"Report Mainz": "Hier wird etwas verschleiert oder man will es gar
nicht so genau wissen. Dieses Verschweigen des Problems ist ein
Fehler, der immer noch in den Polizeiführungszirkeln zu beobachten
ist." Auch Prof. Günter Seidler, Leiter der Sektion
Psychotraumatologie der Universität Heidelberg, betonte im Interview
mit "Report Mainz", dass deutlich mehr Polizisten betroffen seien:
"Bei dem Ausmaß an Belastungen, denen Polizeibeamte ausgesetzt sind,
sind das keine Einzelfälle. Polizeibeamte gehören zu den
Berufsgruppen, die besonders gefährdet sind. Es geht darum, ein
heiles Bild aufrecht zu erhalten, es geht darum, Kosten zu sparen. Es
wird so getan als ob alles in Ordnung sei. De facto ist nicht alles
in Ordnung."
Gegenüber "Report Mainz" kritisierten außerdem mehrere
Polizei-Mitarbeiter und Anwälte eine mangelhafte Unterstützung der an
einer Posttraumatischen Belastungsstörung erkrankten Polizisten. Sie
fühlten sich von ihrem Arbeitgeber, der Polizei, alleine gelassen.
Auf Nachfrage gaben 14 von 16 Innenministerien dazu an, aktuell
keinen Verbesserungsbedarf zu sehen.
Der Kriminologe Prof. Christian Pfeiffer betonte dagegen, es gebe
deutliche Fürsorge-Defizite. Vor allem dann, wenn Polizisten nicht
Opfer eines Gewalt-Angriffs wurden, sondern durch ihre Rolle als
Zeugen etwa bei Unfällen traumatisiert seien, sei die Unterstützung
mangelhaft. "Ein Staat darf so mit seinen Polizeibeamten nicht
umgehen. Sie müssen die Sicherheit haben, wenn sie diesen extrem
stressbelasteten Beruf wählen, dass er sie dann unterstützt, wenn sie
durch diesen Beruf in große Schwierigkeiten geraten sind. Auf Dauer
ist das auf keinen Fall akzeptabel, dass der Staat mit seiner
Fürsorgepflicht so knauserig umgeht", so Prof. Christian Pfeiffer.
Auch Prof. Günther Seidler sieht Defizite im Umgang mit
traumatisierten Polizisten: "Es gibt deutliche Versäumnisse bei der
Polizei. Man versucht den Eindruck zu erwecken als ob alles getan
würde. Fakt ist, die Betroffenen stehen mit ihren Symptomen, mit
ihren Sorgen und Krankheitsbildern in der Regel alleine da. Das ist
nicht akzeptabel, dass die seelischen Wunden von Polizeibeamten, die
sie sich im Dienst zuziehen, nicht angemessen versorgt werden."
Weitere Informationen unter www.reportmainz.de. Zitate gegen
Quellenangabe "Report Mainz" frei.
Pressekontakt: "Report Mainz", Tel. 06131/929-33351.
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