Deutscher Investmentmarkt unbeeindruckt von geopolitischen Störfeuern
Geschrieben am 01-10-2014 |
Frankfurt (ots) - Scheinbar unbeirrt von den geopolitischen
Entwicklungen in den letzten Monaten und etwaigen Folgen für die
deutsche Konjunktur steuert der deutsche Investmentmarkt mit großer
Dynamik auf das beste Jahr seit 2007 zu. Auch die nur mäßige
Performance der Vermietungsmärkte entfaltet bislang noch keine
negativen Konsequenzen. "Zu sehr wird der aktuelle Nachfrageboom vom
'quasi zinslosen Umfeld' dominiert. Mit der erneuten Senkung des
Leitzinses auf ein neues historisches Tief von 0,05 % manifestierte
die Europäische Zentralbank (EZB) ihre Absicht, alle ihr zur
Verfügung stehenden geldpolitischen Mittel zur Bekämpfung der in
Teilen von Europa extrem niedrigen Inflation auszuschöpfen. Diese
Senkung kam insofern überraschend, da die erst im Juni
verabschiedeten Stimulierungsprogramme teilweise noch gar nicht
begonnen hatten", so Dr. Frank Pörschke, CEO JLL Germany.
Der deutsche Investmentmarkt profitiert zweifellos von dieser
Geldpolitik. Als "starker Mann Europas" sticht die deutsche
Wirtschaft - trotz abflauender Dynamik - immer noch positiv aus dem
Umfeld hervor und aufgrund dieser relativen ökonomischen Stärke
strömt nach wie vor sehr viel Kapital in den sicheren Anlagehafen
Deutschland. Pörschke weiter: "Eigentlich müsste das deutsche
Zinsniveau basierend auf den wirtschaftlichen Basisdaten um rund 300
Basispunkte über dem aktuellen Niveau liegen. Damit wird deutlich,
dass der Zins seit der Finanzkrise nicht mehr als Gradmesser für die
ihm zugrunde liegenden Fundamentaldaten gelten kann. Er befeuert aber
die Nachfrage, da das niedrige Zinsniveau einher geht mit einer
stabilen 'Story' dahinter: leicht steigendes Mietwachstum und
steigende Kapitalwerte."
Hinzu kommt das nach wie vor günstige Umfeld für
Fremdfinanzierungen bzw. Darlehensnehmer. Die jüngste Befragung der
Experten im Deutschen Immobilienfinanzierungsindex (DIFI) ergab einen
neuen Höchststand bei der Bewertung der Finanzierungssituation, aber
leicht rückläufige, wenngleich positive Finanzierungs-erwartungen.
"Ebenso wie die Investoren am Investmentmarkt sehen wir auch bei den
finanzierenden Instituten eine leichte Erhöhung der
Risikobereitschaft, ohne das Risiko freilich, dass die
Fremdfinanzierungsquoten in Dimensionen der Jahre 2006/2007
vorstoßen", so Timo Tschammler, bei JLL Member of the Management
Board Germany.
Transaktionsgeschehen abseits von Core belebt sich
Vor diesem Hintergrund konnte für die Monate Juli bis September am
deutschen Investmentmarkt für gewerblich genutzte Immobilien ein
Transaktionsvolumen in Höhe von 8,6 Mrd. Euro registriert werden. Das
Dreivierteljahresvolumen summierte sich damit auf insgesamt 25,5 Mrd.
Euro, im Jahresvergleich gleichbedeutend einem Anstieg von einem
Drittel.
"Für das 3. Quartal des Jahres können aus unserer Sicht zwei
Aspekte hervorgehoben werden, die prägend waren für die vergangenen
Monate: Zum einen verlagert sich die nach wie vor sehr hohe Nachfrage
ausländischen Kapitals mehr in Richtung Core plus und Value Add.
Solche mit etwas höherem Risiko behafteten Engagements, wie z.B. der
Erwerb des Pollux in Frankfurt oder der Kauf eines Berliner
Büroparks, durchweg Objekte mit Leerstandsanteilen, bieten bei
erfolgreicher Vermietung Wertsteigerungen. Im Gegensatz zu den
Werterhaltungsstrategien der Core-Investoren sucht ein zunehmender
Teil internationalen Kapitals offensichtlich wieder vermehrt
höherrentierliche Objekte. Dies hat durchaus einen positiven Effekt,
denn dadurch verbreitert sich insgesamt die Investitionsbasis und es
wird in Teilen Druck auf die Preise im Core-Bereich herausgenommen",
so Tschammler.
Tschammler weiter: "Zum anderen hat sich erstmals seit vielen
Quartalen der Büro-Renditeabstand zwischen Prime und Secondary
verringert und zwar nicht aufgrund einer Bewegung der Spitzenrendite,
sondern weil die Preise für Immobilien in B-Lagen bzw. für B-Objekte
gestiegen sind. Dies ist Spiegelbild des hohen Wettbewerbs und der
Erhöhung der Risikobereitschaft seitens der Investoren. Diese
fokussieren sich zumindest im Bürosektor nach wie vor auf die
Hochburgen, schauen hier jedoch nach Anlagemöglichkeiten auch abseits
der Central Business Districts, um höhere Renditen erzielen zu
können."
Hochburgen mit teilweise deutlichen Zuwächsen
Das Transaktionsvolumen in den sieben Immobilienhochburgen belief
sich bis Ende September auf insgesamt rund 14 Mrd. Euro. Darin
enthalten sind auch Objekte aus standortübergreifenden
Portfoliotransaktionen. Dies ist gleichbedeutend einem Anstieg im
Jahresvergleich um 21 % und dokumentiert das nach wie vor große
Interesse der Investoren an diesen Märkten. Mit einem Plus von
jeweils 38 % fiel das Transaktionsvolumen im Jahresvergleich sowohl
in Stuttgart als auch in Hamburg überdurchschnittlich aus. Nur knapp
dahinter: München mit einem Plus von 34 %, und wie schon im Vorjahr
steht die bayerische Landeshauptstadt an der Spitze (Q1 - Q3 2014:
3,5 Mrd. Euro). Während Berlin und Düsseldorf sich ebenfalls über
Zuwächse freuen konnten, lagen sowohl Köln als auch - etwas
überraschend - Frankfurt leicht im Minus. "Für die Bankenmetropole
ist das allerdings nur ein temporärer Effekt, denn mit den noch
ausstehenden großvolumigen Transaktionen erscheint für das gesamte
Jahr ein Transaktionsvolumen von 5 Mrd. Euro möglich zu sein", so
Tschammler.
Portfolios weiter im Fokus, aber Einzeltransaktionen dominieren im
3. Quartal
Das vor Quartalsfrist festgestellte große Interesse nach
Portfolios hat sich zum Ende des Dreivierteljahres manifestiert: nach
neun Monaten schlagen deutschlandweit 7,7 Mrd. Euro zu Buche,
entsprechend einem Anstieg gegenüber dem Vorjahresvolumen von 65 %.
Einzeltransaktionen summierten sich auf 17,8 Mrd. Euro, immerhin noch
ein Plus von 23 %. Bemerkenswert ist allerdings, dass im Gegensatz
zum Vorquartal Einzeltransaktionen dominierten, sieben der zehn
größten Deals waren Einzelobjektankäufe, die beiden größten: der
Verkauf der Allianz Hauptverwaltung in Unterföhring bei München für
über 200 Mio. Euro sowie der Kauf eines Objektes an der
Theresienhöhe, ebenfalls in München, für rund 250 Mio. Euro. Mit den
zehn größten Transaktionen des dritten Quartals wurde ein
Transaktionsergebnis von 2,4 Mrd. Euro erzielt, entsprechend einem
Anteil von knapp 28 % am gesamten Q3-Ergebnis.
"Auffällig weiterhin bei der Betrachtung des
Transaktionsgeschehens ist sicherlich, dass ein solch gutes Ergebnis
erreicht wurde, obwohl die beiden größten Deals des dritten Quartals
(beides Portfolios) erst auf Platz 9 und 10 in der Rangliste des
bisherigen Gesamtjahres auftauchen. Dafür war das
Transaktionsgeschehen in der Größenklasse 100-200 Mio. Euro umso
stärker ausgeprägt", so Helge Scheunemann, bei JLL Head of Research
Germany.
Büroimmobilie baut ihre Dominanz bundesweit aus
Der Fokus der Investoren gilt auch in den ersten neun Monaten des
Jahres 2014 der Assetklasse Büro. Mit einem Anteil von rund 46 % am
Transaktionsvolumen (entsprechend 11,8 Mrd. Euro) liegt sie klar vor
den einzelhandelsgenutzten Immobilien mit 25 % (6,5 Mrd. Euro). Auf
Platz drei folgen Logistikimmobilien mit knapp 2,3 Mrd. Euro. "Ein
etwas rückläufiges Transaktionsvolumen in dieser Assetklasse im
aktuellen Quartal darf aus unserer Sicht nicht darüber
hinwegtäuschen, dass sehr viel Interesse für gut vermietete und
hochwertige Logistikflächen auf Seiten der Investoren besteht. Hier
mangelt es derzeit schlicht an einem ausreichenden Angebot", so
Scheunemann.
Hinsichtlich der aktuell immer wieder diskutierten Fragestellung
"A-Stadt oder B-Stadt" ist die Antwort zumindest für den Bürosektor
schnell gegeben: Über Dreiviertel des in Büroimmobilien investierten
Volumens entfällt auf die sieben Hochburgen. Neben der dort
vorhandenen Liquidität an geeigneten Investmentprodukten spielen
sicherlich auch Überlegungen zur Nachvermietbarkeit, Abbau eines
womöglich vorhandenen Leerstandes oder wirtschaftliche Prosperität
eine Rolle in der Entscheidungsfindung.
Ausländische Investoren bzw. ausländisches Kapital bleibt auch im
dritten Quartal auf Einkaufstour in Deutschland. Immerhin neun der
zehn größten Transaktionen des Jahres wurden durch ausländisches
Kapital getätigt, deutliches Indiz für das starke Interesse von
institutionellen und privaten Investoren vor allem aus dem
angelsächsischen und asiatischen Raum. "Neben den Fonds Managern
tauchen vermehrt Private Equity Investoren in der Liste der Käufer
auf, sie sind es auch in erster Linie, die sich für Core Plus, Value
Add oder gar opportunistische Objekte interessieren", so Tschammler.
Spitzenrenditen überwiegend stabil, aber Rückgang bei "secondary"
- deutliche Kompression bei Logistikimmobilien
Im Bürosegment haben sich die Spitzenrenditen trotz der nach wie
vor großen Nachfrage auf dem niedrigen Niveau des Vorquartals
stabilisiert. Lediglich in Hamburg reduzierten sich die
Büro-Spitzenrenditen nochmals um 10 Basispunkte auf aktuell 4,40 %
und auch in Frankfurt gaben die Renditen marginal um 5 Basispunkte
auf 4,65 % nach - bedingt durch gestiegene Erwerbsnebenkosten auf
Grund der Anhebung der Grunderwerbssteuer in Hessen um einen
Prozentpunkt auf 6 %. Im Schnitt über alle sieben Hochburgen liegt
die Spitzenrendite bei 4,55 % und damit um 18 Basispunkte unter dem
Vorjahreswert.
Bei den Bürorenditen abseits der Top-Lagen bzw. bei Büroobjekten,
die über Leerstand, eine schlechtere Ausstattungsqualität oder
kürzere Restlaufzeiten bei den Mietverträgen verfügen, hat sich
erstmals eine spürbare Reaktion in den Renditen gezeigt. Für
Spitzenobjekte in einer B-Lage in einer der Big 7 liegt die Rendite
bei 5,33 % im Schnitt über alle Hochburgen. Der Abstand zu der
Spitzenrendite hat sich damit von 90 Basispunkten zum Halbjahr auf 78
Basispunkte verringert. "Diese Renditekompression spiegelt
letztendlich genau den beschriebenen Effekt der Nachfrageausweitung
und der Erhöhung des Risikospektrums bei den Investoren wider", so
Scheunemann.
Bei den anderen Assetklassen ergab sich wiederum nur bei
Logistikimmobilien aufgrund der großen Nachfrage nach diesem
Investmentprodukt ein Rückgang der Renditen um weitere 23 Basispunkte
auf 6,28 % im Schnitt über die Logistikregionen der sieben
Hochburgen.
Für gute Fachmarktprodukte werden nach wie vor Anfangsrenditen von
5,65 % gezahlt, ebenso liegen die Renditen für Shopping Center
weiterhin bei 4,60 %.
"Kurz- und mittelfristig wird der Druck auf den Renditen in allen
Assetklassen anhalten. Die etwas abgeschwächten
Mietwachstumserwartungen sollten zwar dämpfend auf die Preise wirken,
das wird aber in der Summe nicht ausreichend sein, um den Effekt des
historisch niedrigen und für Deutschland zu niedrigen Zinsniveaus
auszugleichen", so Scheunemann.
Transaktionsvolumen von 40 Mrd. Euro möglich
Der deutsche Gewerbeimmobilienmarkt ist nach wie vor einer der
liquidesten in Europa. Neben dem starken internationalen Fokus
deutscher Anleger ist und bleibt auch der Heimatmarkt ein im globalen
Vergleich äußerst attraktives Anlageziel. "Wir erwarten außerdem,
dass sich das Interesse der ausländischen Investoren in den nächsten
Monaten noch verstärkt, der Kapitalfluss in Richtung deutsche
Gewerbeimmobilie wird also Bestand haben. Neben der relativ gesehen
hohen Verzinsung von Immobilienanlagen im Vergleich zu alternativen
Anlageformen ist es vor allem die historisch einmalige Situation aus
der Kombination 'niedriger Zins plus steigende Kapitalwerte', die für
die relative Attraktivität des deutschen Investmentmarktes sorgt. Vor
diesem Hintergrund gehen wir nach vor von einem Transaktionsvolumen
zwischen 35 - 40 Mrd. Euro aus", so Timo Tschammler.
Pressekontakt:
Dorothea Koch, Tel. + 49 (0) 69 2003 1007
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