Weser-Kurier: Kommentar von Max Polonyi zum Wort des Jahres
Geschrieben am 12-12-2014 |
Bremen (ots) - "Lichtgrenze" - ein Begriff, der Schulterzucken
auslöst, weil er im Alltag nicht verwendet wird. Schon der Wortsinn
ist Unsinn: "Lichtgrenze" - das ist ein Ort, durch den kein Licht
fällt, an dem es einerseits hell und andererseits dunkel ist. Ein
schiefes Bild für den Mauerfall. Trotzdem: Die Gesellschaft für
deutsche Sprache hat sich richtig entschieden. Denn die Häufigkeit im
Sprachgebrauch ist nicht das entscheidende Kriterium für einen Platz
auf dem Worttreppchen. Gekürt wird der Begriff, der für ein wichtiges
Ereignis steht - ein Begriff, der das Jahr in Deutschland
charakterisiert. Auch die Fußball-Weltmeisterschaft war so ein
bedeutendes Ereignis - deshalb ist der Neologismus "Götzseidank" auf
Platz drei. Ebenso prägend ist der erste schuldenfreie Haushalt seit
45 Jahren, darum ist die "schwarze Null" rechtmäßiger Zweiter. Aber
weder der WM-Titel noch der Haushalt prägen das Jahr der Deutschen so
sehr wie das Gedenken an die Wiedervereinigung vor 25 Jahren. Die
"Lichtgrenze" hat die Teilung des Landes wieder sichtbar gemacht und
gleichzeitig die friedliche Revolution symbolisiert - das
bedeutendste und wohl auch schönste Ereignis der jüngeren deutschen
Geschichte. Deshalb ist die Wahl einleuchtend.
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