Börsen-Zeitung: Gefühlte Gerechtigkeit, Kommentar zur Erbschaftssteuer von Stephan Lorz
Geschrieben am 17-12-2014 |
Frankfurt (ots) - Steuergerechtigkeit ist zwar ein
erstrebenswertes Ziel. Das wird angesichts der Komplexität unserer
Gesellschaft aber wohl nie erreicht. Für die Politik kommt es in der
Steuerpolitik - neben praktischen Erwägungen - daher immer auch auf
die "gefühlte Gerechtigkeit" an. Letztlich müssen die Bürger
unterschiedliche Steuerbelastungen hinnehmen. Wie schon in früheren
Fällen hat das Bundesverfassungsgericht bei seinem jüngsten Urteil
zur Erbschaftsteuer hier wieder einmal für die notwendige
argumentative Klarheit gesorgt und zugleich ethische Kategorien für
die Steuerpolitik formuliert, die in ihrer Eingängigkeit auch eine
breitere Öffentlichkeit überzeugen können.
Zuallererst - und das sollten die immer noch jammernden, das Ende
des Mittelstands an die Wand malenden Unternehmenslobbyisten einmal
zur Kenntnis nehmen - haben die Richter die notwendige Privilegierung
von Unternehmen bei der Erbschaftsbesteuerung unter Hinweis auf die
Sicherung der Arbeitsplätze explizit anerkannt und dem Gesetzgeber
dabei einen großen Entscheidungsspielraum gelassen. Zugleich werden
für die Sonderstellung der Unternehmenserben aber höhere
Anforderungen als bisher gestellt. Das soll etwa dafür sorgen, dass
der steuerliche Missbrauch gestoppt wird, durch den auch hohe
Privatvermögen in den Genuss der Privilegierung gekommen sind, was in
der Öffentlichkeit vielfach für Missmut gesorgt hat.
Es war den Bürgern zudem nicht mehr vermittelbar, dass für
Unternehmen unter 20 Arbeitsplätzen nicht die gleichen Anforderungen
(Arbeitsplatz- und Lohnsummenerhalt) für die Steuerfreiheit gelten
wie für Betriebe mit mehr Jobs. Und warum die Hochfinanz sich auch
vor dem Fiskus drücken konnte, obwohl sie bei einer Besteuerung weder
in Existenz- noch Liquiditätsnöte geraten würde, erschloss sich
ebenfalls nicht. Die nun geforderte Bedürfnisprüfung ist daher
überfällig.
In einem Sondervotum weisen zwei Verfassungsrichter zudem
richtigerweise darauf hin, dass im Urteil grundsätzliche Erwägungen
mitschwingen: Die Erbschaftsteuer muss auch verhindern, dass Reichtum
durch die Generationenfolge in den Händen weniger kumuliert und
allein aufgrund der Herkunft unverhältnismäßig anwächst. Wie jüngste
Studien internationaler Organisationen und von Ratingagenturen
zeigen, ist dieses Anliegen ökonomisch durchaus gut zu begründen:
Denn wächst die Ungleichheit über ein bestimmtes Maß, schwinden der
Zusammenhalt einer Gesellschaft und das Wirtschaftswachstum.
Pressekontakt:
Börsen-Zeitung
Redaktion
Telefon: 069--2732-0
www.boersen-zeitung.de
Kontaktinformationen:
Leider liegen uns zu diesem Artikel keine separaten Kontaktinformationen gespeichert vor.
Am Ende der Pressemitteilung finden Sie meist die Kontaktdaten des Verfassers.
Neu! Bewerten Sie unsere Artikel in der rechten Navigationsleiste und finden
Sie außerdem den meist aufgerufenen Artikel in dieser Rubrik.
Sie suche nach weiteren Pressenachrichten?
Mehr zu diesem Thema finden Sie auf folgender Übersichtsseite. Desweiteren finden Sie dort auch Nachrichten aus anderen Genres.
http://www.bankkaufmann.com/topics.html
Weitere Informationen erhalten Sie per E-Mail unter der Adresse: info@bankkaufmann.com.
@-symbol Internet Media UG (haftungsbeschränkt)
Schulstr. 18
D-91245 Simmelsdorf
E-Mail: media(at)at-symbol.de
557578
weitere Artikel:
- WAZ: Grund genug für etwas Demut
- Kommentar von Stefan Schulte zur Erbschaftssteuer Essen (ots) - Der Staat tut gut daran, einen vererbten
Familienbetrieb anders zu besteuern als ein vererbtes Bankkonto. Ganz
einfach, weil am Wohlergehen der Firma auch das Schicksal der dort
Beschäftigten hängt. An diesem Grundsatz rüttelt Karlsruhe zu Recht
nicht.
Aber: Beim Ausbau der Privilegien für Firmenerben hat die
schwarz-rote Regierung 2009 überdreht. Und die Große Koalition anno
2014 täte gut daran, das Urteil nicht einfach wegzuwischen mit dem
lapidaren Verweis, man müsse ja nur ein paar Details ändern. Es sind
eben mehr...
- Schwäbische Zeitung: Achtung, Dauerbaustelle Ravensburg (ots) - Es geht um Gerechtigkeit, um jene Menschen mit
viel und um jene mit wenig Geld und darum, was jene mit viel Geld für
die anderen leisten können und sollen. Es geht um ohne eigene
Leistung erworbenes Vermögen, an dem die Gesellschaft beteiligt
werden soll. Die Erbschaftsteuer ist eine Gerechtigkeitsteuer. Sie
wird alle paar Jahre geändert - und es ist kein Ruhmesblatt für die
Regierung, in diesem Fall die letzte Große Koalition, dass ihr Gesetz
schon wieder gegen die Verfassung verstieß. Vor sechs Jahren ging es
darum, mehr...
- Gefahr für Smartphones durch die Hintertür - Palo Alto Networks entdeckt Backdoor in Android-Geräten von Coolpad -- Von "CoolReaper" sind potenziell 24 Android-Smartphone-Modelle
und weit über 10 Millionen Nutzerbetroffen
München (ots/PRNewswire) - Palo Alto Networks gibt heute Details
über eine Backdoor-Malware bekannt, die Millionen von
Android-basierten mobilen Geräten gefährdet. Gefährdet sind Geräte
von dem chinesischen Anbieter Coolpad, dem weltweit sechstgrößten
Smartphone-Hersteller. Die Hintertür mit dem Namen "CoolReaper" setzt
Benutzer potenziell schädlichen Aktivitäten aus und wurde
offensichtlich durch Coolpad trotz der Einwände mehr...
- Neue Motorantrieb-Software von AC Kinetics übertrumpft drehzahlvariable Antriebe von Rockwell und WEG; erhebliche Energieeinsparung, zertifiziert in dynamischen Prüfverfahren von Advanced Energy, Inc. Armonk, New York (ots/PRNewswire) - Eine neue von AC Kinetics,
Inc. entwickelte Software zum drehzahlvariablen Antrieb für
Motorsteuerung verbrauchte 37 % weniger Energie als ein Rockwell 50HP
Motorantrieb und 66,5 % weniger als ein WEG 5HP Antrieb. Dies wurde
in einer dynamischen Prüfung zum Trägheitswiderstand festgestellt,
veröffentlicht am 12. Dezember 2014 in einem Bericht von Advanced
Energy, Inc., dem einzigen unabhängigen, vom NIST zertifizierten
Labor für Motoren und Antriebe in den Vereinigten Staaten.
AC Kinetics gab mehr...
- Ostsee-Zeitung: Ostsee-Zeitung: Bremer Hegemann-Gruppe droht eine millionenschwere Zahlung an das Land Mecklenburg-Vorpommern. Rostock (ots) - Der Bremer Hegemann-Gruppe droht eine
millionenschwere Zahlung an das Land Mecklenburg-Vorpommern. Das
berichtet die in Rostock erscheinende OSTSEE-ZEITUNG
(Donnerstagausgabe). Hintergrund ist die Pleite der P+S-Werften in
Stralsund und Wolgast. Hegemann war bis zur Pleite 2012 Mitbesitzer
der beiden Schiffbaubetriebe und trat in dieser Zeit für Kredite und
Bürgschaften zahlreiche Sicherheiten an das Land ab. Wie aus der
Antwort von Wirtschaftsminister Harry Glawe (CDU) auf eine Anfrage
des Grünen-Landtagsabgeordneten mehr...
|
|
|
Mehr zu dem Thema Aktuelle Wirtschaftsnews
Der meistgelesene Artikel zu dem Thema:
DBV löst Berechtigungsscheine von knapp 344 Mio. EUR ein
durchschnittliche Punktzahl: 0 Stimmen: 0
|