Rheinische Post: Kommentar /
Gelassen gegen den mörderischen Eifer
= Von Michael Bröcker
Geschrieben am 08-01-2015 |
Düsseldorf (ots) - Es mag schwerfallen, aber die richtige Reaktion
auf den schrecklichen Terroranschlag von Paris muss eine der
Nüchternheit und Gelassenheit sein. Wer dem mörderischen Eifer der
Islamisten, die ihre Religion als spirituelle Munition missbrauchen
und so auch die Mehrheit der friedlichen Muslime in Misskredit
bringen, mit Wut und Hass begegnet, wird zwangsläufig die Werte
verraten, die es jetzt zu verteidigen gilt. Die ersten Übergriffe auf
muslimische Einrichtungen sind genau das, was die Islamisten
heraufbeschwören wollen: einen Glaubenskrieg. Den darf es nicht
geben. Die Mörder von Paris, aber auch von New York, Amsterdam,
Madrid, Boston oder Aleppo, sind überdies auch keine Glaubenskrieger
mit einer vermeintlich göttlichen Mission. Sie sind schlicht
ideologisch verblendete und kriminelle Söldner. Es liegt also an den
Mitgliedern einer aufgeklärten Gesellschaft, egal ob Muslim oder
Christ, diese Tatsache in den kommenden Tagen immer wieder
klarzumachen. Aus dem Kampf gegen den Terror darf nicht ein Kampf der
Kulturen werden. Die aktuelle Bertelsmann-Studie muss uns zu denken
geben. Jeder zweite Deutsche empfindet demnach den Islam als
Bedrohung. Den Islam? Den einen gibt es nicht. Der Koran ist
interpretationsfähig. Ja, es gibt Intoleranz, Frauenverachtung und
Hasspredigten im Namen Allahs. All das ist zu verurteilen, wann und
wo immer es auftritt. Auch ist die "offene Gesellschaft", die Karl
Popper propagierte, nicht gerade das Wunschmodell islamisch geprägter
Staaten. Aber es gibt auch Länder wie Indonesien und Malaysia, die
Demokratie wollen und sogar Frauen an ihre Spitze gewählt haben,
bevor es eine Bundeskanzlerin gab. Viele Muslime beten friedlich zu
Allah, akzeptieren den deutschen Rechtsstaat und wollen ohne Hass
leben. Und wenn nicht deutsche Behörden in einer Art
Gutmenschen-Nostalgie und vorauseilendem Gehorsam den notwendigen
Respekt vor dem muslimischen Glauben mit Ignoranz gegenüber
christlichen Werten verwechseln würden, etwa wenn Richter, wie 2014
geschehen, "Ehrenmorde" mit einer "kulturellen und religiösen
Zwangslage" des Täters begründen, dann wäre das Miteinander
vielleicht auch einfacher. Fazit: Die muslimische Konformität, die
unterschwellig am Stammtisch vermutet wird, existiert nicht. Der
Terroranschlag von Paris darf nicht jenes undifferenzierte, aber
anwachsende Unbehagen gegenüber Fremden, das in der Geschichte schon
so viele Kriege ausgelöst hat, verstärken. Das ist der Auftrag an uns
alle. Religionsübergreifend.
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Redaktion
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