Westfalen-Blatt: Das WESTFALEN-BLATT (Bielefeld) zu »Pegida«
Geschrieben am 12-01-2015 |
Bielefeld (ots) - Deutschland wirkt wie von Sinnen. Der Umgang mit
der Protestbewegung »Pegida« und die Reaktionen auf die Anschläge in
Frankreich lassen keinen anderen Schluss mehr zu. Deutschland ist
nicht in der Lage, eine sachliche Debatte über ein gesellschaftliches
Phänomen und ein schreckliches Ereignis zu führen, die inhaltlich
durchaus zusammenhängen. Islamisten bringen in Paris Karikaturisten
um, weil sie eine Beleidigung des muslimischen Glaubens erkennen und
dies nicht ertragen können. Statt die Bedrohung auch für unser Land
ernst zu nehmen, verfällt die Parteipolitik in die angelernten
ideologischen Reflexe. Die einen wollen die Vorratsdatenspeicherung
zurück, die anderen werfen »Pegida« vor, die Anschläge für
Islamkritik zu missbrauchen. Wirklich weiter bringt einen beides
nicht. Aus Sicht von »Pegida« gehört das angegriffene französische
Satiremagazin »Charlie Hebdo« nämlich nicht zur sogenannten
Lügenpresse, und zwar weil die Franzosen den Islam offen kritisieren.
Dass die Zeichner ihrerseits nichts mit »Pegida« zu tun haben wollen,
ist indes mehr als nachvollziehbar. Die Parteien wären gut beraten,
wenn sie Josef Schuster zuhörten. Der neue Präsident des Zentralrats
der Juden bemängelt, dass es sich der Rechtsstaat leiste,
gewaltbereite Islamisten weitestgehend frei in Deutschland
herumlaufen zu lassen. Weil unsere Demokratie in solchen Fällen alles
andere als wehrhaft wirkt, haben »Pegida« und AfD solchen Zulauf. Und
auch die Kanzlerin treibt ihnen Anhänger und Wähler zu, wenn sie mal
ganz nebenbei definiert, wer Deutscher ist. Zuletzt hat Sigmar
Gabriel einen zweiten »Aufstand der Anständigen« gefordert. Dabei
muss er wohl vergessen haben, dass der erste Aufruf des
Bundeskanzlers Gerhard Schröder am 4. Oktober 2000 in einem
ideologischen Desaster für Rot-Grün endete. Statt der vermuteten
Rechtsextremisten hatten zwei arabisch-stämmige Muslime den
Brandanschlag auf die Düsseldorfer Synagoge verübt. Was das Land
dringend braucht, ist ein Aufstand der Vernünftigen - in Politik und
Gesellschaft.
Pressekontakt:
Westfalen-Blatt
Chef vom Dienst Nachrichten
Andreas Kolesch
Telefon: 0521 - 585261
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