World Retail Banking Report 2015: Nichtbanken und verschlechterte Kundenbeziehungen setzen Privatkundenbanken unter Druck / Kundenzufriedenheit in Deutschland weltweit am stärksten gesunken
Geschrieben am 22-04-2015 |
Berlin (ots) - Das zweite Jahr in Folge hat sich die Zufriedenheit
der Kunden mit ihren Banken weltweit leicht verschlechtert. Der
dieser Berechnung zugrunde liegende Customer Experience Index im
Privatkundenbereich sinkt um knapp ein Prozent. Deutschland zählt zu
den vier Ländern, die den größten Rückgang auf dieser Skala aufweisen
(ein Verlust von fünf Prozent über zwei Jahre hinweg). Unter dieser
Rahmenbedingung wird es für Banken immer schwieriger, Umsatzwachstum
zu erzielen, so die Ergebnisse des heute veröffentlichten 12. World
Retail Banking Reports (WRBR) von Capgemini und der Efma. Das über
die letzen Jahre verschlechterte Kundenerlebnis verbunden mit einer
deutlich gestiegenen Bereitschaft, die Hausbank zu wechseln, weist
auf eine geschwächte Beziehung zwischen Banken und Kunden hin.
Darüber hinaus steigt die Wahrscheinlichkeit für Disintermediationen
mit konkurrierenden Nichtbanken. Hiermit sind Finanztransaktionen
gemeint, die Kunden unmittelbar mit Nichtbanken durchführen und damit
traditionelle Banken umgehen. Diese Transaktionen können mittels
Fintech-Unternehmen, Crowdfunding-Webseiten,
Peer-to-Peer-Kreditgebern, Markenhändlern,
Internet/Mobile-Serviceanbietern und auf Nahfunktechnik basierenden
Bezahlsystemen erfolgen. Die Ergebnisse verdeutlichen, dass
Privatkundenbanken in ein besseres Kundenerlebnis investieren müssen,
um die Schnittstelle zum Kunden nicht zu verlieren. Besonderes
Augenmerk sollte in diesem Zusammenhang auf die bankinternen
Abwicklungsprozesse im Middle- und Back-Office gelegt werden. Sie
wurden bisher weitestgehend ignoriert, sind aber unerlässlich für
digitale Services mit schnelleren Bearbeitungszeiten und weniger
Fehlern. Der Report stützt sich auf Erkenntnisse aus 32 Märkten und
Auffassungen von mehr als 16.000 Privatkunden im Rahmen der
jährlichen Befragung zum Customer Experience Index.
Die Bereitschaft zum Bankwechsel steigt
Der WRBR stellt fest, dass zusätzlich zur gesunkenen
Kundenzufriedenheit die Kunden weltweit - insbesondere die Generation
Y - vermehrt zum Wechsel ihrer Hausbank neigen und signifikant
weniger bereit sind, von dieser zusätzliche Finanzprodukte zu kaufen,
oder sie weiterzuempfehlen. Der Anteil der Kunden, die bereit sind
ihre Hausbank in den nächsten sechs Monaten zu wechseln, steigt - mit
Ausnahme von Westeuropa - in allen Regionen im zweistelligen
Prozentbereich. Laut den Daten des WRBR wuchs die Zahl der potenziell
abwandernden Kunden von knapp vier Prozentpunkten auf über 12
Prozentpunkte je nach Region im Vergleich zum Vorjahr. In Deutschland
ist die Abwanderungsbereitschaft um 4,4 Prozentpunkte gestiegen.
Voraussichtlich bleiben in den nächsten sechs Monaten weniger als 50
Prozent der Generation-Y-Kunden bei ihrer jetzigen Hausbank. Gründe
hierfür sind die steigende Konkurrenz durch Nichtbanken, das Wachstum
von Start-up-Banken die attraktive und innovative Produkte anbieten
sowie die mittlerweile unkomplizierte Möglichkeit eines
Bankenwechsels. "Wer gegen Nichtbanken bestehen will, muss das
Kundenerlebnis und damit seine Services deutlich verbessern.
Enttäuschte Kunden und mangelnde Innovationskraft der Banken laden
Nichtbanken regelrecht dazu ein, Marktanteile zu gewinnen", sagt
Klaus-Georg Meyer, Leiter Business & Technology Consulting Banken bei
Capgemini in Deutschland.
Weiterhin scheint es Banken immer schwerer zu fallen, ihre Kunden
weg von den Filialen hin zu kostengünstigeren Kanälen zu steuern.
Trotz signifikant gestiegener Nutzungsraten des Internets und mobiler
Kanäle, zeigen sich nur minimale Auswirkungen auf die
Niederlassungen. Während die Filialnutzung 2014 in Nordamerika und
Europa leicht anstieg, ist sie in Lateinamerika leicht gesunken und
bleibt in der Asien-Pazifik-Region so gut wie unverändert. Auch in
Deutschland stieg der Besuch in den Filialen um 6,3 Prozentpunkte
leicht an, bei gleichzeitig gestiegener Internet- und Mobile-Nutzung.
Anbieter aus anderen Branchen gefährden die Banken
All diese Faktoren tragen dazu bei, dass Nichtbanken Kunden von
ihren bisherigen Hausbanken abwerben. Vor allem Internet- und
Technologieunternehmen zählen mit ihren einfachen, agilen und
intuitiven Angeboten sowie ihrer Unabhängigkeit von Altsystemen zu
den besonders starken Wettbewerbern: 83 Prozent der Bankmanager
schätzen, dass ihre Kunden keine Probleme hätten, Bankgeschäfte über
diese Unternehmen abzuwickeln. Schon jetzt haben solche Firmen eine
deutliche Präsenz im Zahlungsverkehr und bei Kreditkarten, vor allem
in Nordamerika und Westeuropa.
Middle- und Back-Offices brauchen Unterstützung
Bankmanager haben vor allem in Front-Offices investiert und damit
in die Kontaktstellen, die in direkter Interaktion mit den Kunden
stehen. Als Hauptgrund dafür nennen fast 93 Prozent eine Verbesserung
des Kundenerlebnisses. Allerdings hat gleichzeitig die
Vernachlässigung der Investitionen in Middle- und Back-Offices dazu
geführt, dass sich der Kundenservice und die Interaktionen
verschlechtert haben, was sich durch langsame Bearbeitungszeiten,
Fehler und Ausnahmeregelungen beim Kunden bemerkbar macht. "Es wird
bislang zu wenig in die Transformation der Middle- und Back-Offices
investiert. Bisher wurden die größten Veränderungen im Bereich des
Front-Office vorgenommen, was hier auch zu einer Verbesserung des
Kundenerlebnisses geführt hat. Allerdings hängt eine langfristige
Kundenbindung vor allem auch von der Integration der Prozesse im
Front-Office mit den Prozessen im Middle- und Back-Office ab. Hier
ist bislang unzureichend investiert worden", meint Klaus-Georg Meyer.
Damit diese Herausforderungen überwunden werden, brauchen Banken
eine vorausschauende Strategie für ihre digitale Transformation,
welche Digitalisierung, Vereinfachung/Agilität und Big-Data-Analysen
mit einbezieht. Die Digitalisierung sollte manuelle Prozesse mit
digitalen Routinen ersetzen. Eine Vereinfachung erhöht gleichzeitig
die Agilität, indem die Anzahl der Systeme reduziert und somit eine
schnellere Markteinführung möglich wird. Durch Big-Data-Analysen
können wichtige Erkenntnisse aus den Kundendaten erfasst, verwaltet
und effektiv umgesetzt werden. Auf dem Weg zur digitalen Reife muss
dem Middle- und Back-Office eine ebenso große Priorität zugewiesen
werden, wie dem Front-Office, da 60 Prozent an negativen
Kundenerlebnissen aus Problemen im Back-Office resultieren (Quelle:
Backing up the Digital Front, Capgemini Consulting) und sich dann auf
das gesamten Kundenerlebnis niederschlagen. "Mithilfe einer
durchdachten Strategie für die digitale Transformation", so Patrick
Desmares, Generalsekretär der EFMA, "können Banken damit beginnen,
die Erlebnisse ihrer Kunden zu verbessern und sich gegen flinke,
nicht-traditionelle Wettbewerber durchzusetzen."
Studiendokument: www.worldretailbankingreport.com
www.de.capgemini.com
www.efma.com
Pressekontakt:
Achim Schreiber
030 88703-731
achim.schreiber@capgemini.com
Barbara Schaffrath
069 9515 1246
barbara.schaffrath@capgemini.com
http://www.twitter.com/CapgeminiDE
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