Börsen-Zeitung: Im Windschatten, Kommentar zur Commerzbank von Bernd Neubacher
Geschrieben am 28-04-2015 |
Frankfurt (ots) - Sieh mal einer an, wer sich da in den
Windschatten der Deutschen Bank gesetzt hat. Wenige Stunden nachdem
der übermächtige Rivale die Anleger mit der Präsentation seiner neuen
Strategie enttäuscht hatte, mutete die immer noch zweitgrößte Bank
Deutschlands, die Commerzbank, ihren Aktionären nach Handelsschluss
zu Wochenbeginn eine Kapitalerhöhung zu - es ist die neunte in nur
sieben Jahren. Im Vergleich zur Kapitalerhöhungsorgie der vergangenen
Jahre samt zweifacher Herabsetzung des Grundkapitals kommt das
Volumen der am Dienstag zu 12,10 Euro je Aktie platzierten Emission
freilich geradezu als niedrigschwelliges Angebot daher. 1,4 Mrd.
brutto hat die Bank erlöst - eine Aufstockung des Grundkapitals um
mehr als 10% unter Ausschluss des Bezugsrechts wäre laut Aktiengesetz
auch nicht ratsam gewesen.
Wie im Falle der Deutschen Bank dient auch die Aktienemission der
Commerzbank der Finanzierung von Altlasten. 1,2 Mrd. Euro kostete es
die Bank im vergangenen Monat, sich in einem Vergleich mit
US-Behörden von Vorwürfen der Verstöße gegen Sanktions- und
Geldwäschevorschriften freizukaufen. Wie der Bericht des Instituts
zum Ergebnis im ersten Quartal am Donnerstag kommender Woche zeigen
dürfte, haben zuletzt mit nochmals 200 Mill. Euro zudem
Abschreibungen auf Engagements bei Österreichs Heta Asset Resolution
zu Buche geschlagen. Wenn die Bank nun mitteilt, dank des
Emissionserlöses steige die harte Kernkapitalquote auf 10,2%, womit
das Institut "schneller als geplant das vom Kapitalmarkt mittlerweile
geforderte Niveau" erreiche, dann ist daran richtig, dass die Bank
die Marke von 10% tatsächlich erst 2016 zu meistern plante. Man darf
aber festhalten, dass die Kennziffer per Ende März dort ohnehin
gelandet wäre, hätte die Bank nicht die Compliance vergeigt und in
der Anlage ein glücklicheres Händchen bewiesen.
Die Kapitalerhöhung der Commerzbank zeigt: Auch sieben Jahre nach
dem Kollaps von Lehman Brothers ist die Rekapitalisierung nicht
beendet. Allerdings hat sich das Augenmerk von Banken und Regulierern
dabei längst weg vom harten Kernkapital über das zusätzliche Kern-
zum Nachrangkapital bewegt. Entscheidend ist die Frage, wie viele
Mittel notwendig sind, um eine große Bank abwickeln zu können. Unter
diesem Aspekt gilt für die Commerzbank das Gleiche wie für die
strategische Neuorientierung der Deutschen Bank: Im Vergleich mit
internationalen Wettbewerbern ist sie ein bisschen spät dran.
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