Neue Westfälische (Bielefeld): Kommentar: Liberaler Bundesparteitag
FDP trifft den Nerv
Alexandra Jacobson, Berlin
Geschrieben am 17-05-2015 |
Bielefeld (ots) - Ja, so könnte es klappen. Mit ihrem neuen
Wahlspruch "German Mut" gegen die viel beschworene "German Angst"
trifft die FDP unter Parteichef Christian Lindner einen Nerv der
deutschen Biedermeier-Gesellschaft des Jahres 2015. Dass neue
Technologien oder auch der Freihandel immer nur unter dem Aspekt der
angeblichen Gefahr diskutiert werden, ist Ausdruck eines
Gemeinwesens, das sich außer dem Festhalten am Status Quo wirklich
nichts mehr zutraut. Da klafft in der öffentlichen Debatte eine
Leerstelle, die von der Großen Koalition nicht ausgefüllt wird. Die
derzeitige Regierungskonstellation befördert den Aufstieg der FDP in
mehrfacher Hinsicht. Mindestlohn, Frauenquote, das künftige
Entgeltgleichheitsgesetz: Man kann das alles richtig finden oder auch
nicht, es lässt sich aber beim besten Willen nicht leugnen, dass
diese Regierung die Bürokratieschraube weiter dreht und der Staat
immer mehr Befugnisse an sich reißt. Da stellen sich nicht nur
Handwerksmeister die Frage, ob das alles tatsächlich so sein muss.
Und im Bundestag sind derzeit nur Parteien vertreten, die der
Ausdehnung der Staatstätigkeit das Wort reden - in dieser Hinsicht
mangelt es an einer echten liberalen Opposition. Die FDP wird
gebraucht - aber nur wenn sie mehrere Grundsätze beherzigt: Das
Prinzip Jeder gegen Jeden sollte der Vergangenheit angehören. Das nun
auf dem Berliner Parteitag spürbare Wirgefühl sollte keine aus der
Not geborene Eintagsfliege sein. Und zu einer Partei gehört es, dass
sie nicht nur von Männern repräsentiert wird - auch das ist ein Muss
nicht nur für Zeiten der Not sondern für immer. Sollte die FDP 2017
den Sprung in den Bundestag schaffen, wird sie vermutlich stark
umworben werden. Nicht nur die Union möchte wieder mit der FDP
regieren, auch in der SPD können sich viele ein Dreierbündnis
gemeinsam mit Liberalen und Grünen vorstellen. Diese Variante wäre
sogar eher möglich als Rot-Rot-Grün.
Pressekontakt:
Neue Westfälische
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