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Börsen-Zeitung: Draghi und die Volatilität, Marktkommentar von Kai Johannsen

Geschrieben am 05-06-2015

Frankfurt (ots) - Zentralbanker können mit ihren Worten die Märkte
bewegen. Das ist allseits bekannt. Und ist die Wortwahl nicht
behutsam genug, können die Marktbewegungen ziemlich kräftig
ausfallen. Auch das ist nichts Neues. Aber selbst wenn die Wortwahl
behutsam ist oder wenn gar Selbstverständlichkeiten geäußert werden,
die im Grunde genommen jedem Marktteilnehmer klar sind oder zumindest
sein sollten, können die Kursausschläge offenkundig noch sehr kräftig
ausfallen. Dafür ist in der gerade zu Ende gegangenen Woche der
nächste Beweis geliefert worden. Mario Draghi, Chef der Europäischen
Zentralbank (EZB), äußerte sich auf der Pressekonferenz zu den
Anleihemärkten und auch zu dem Bond-Kaufprogramm. Zunächst hielt
Draghi fest, dass das Anleiheankaufprogramm gut läuft und bis
September 2016 fortgesetzt wird oder so lange, bis sich die Inflation
dem EZB-Ziel angenähert hat. Mit dieser Äußerung hatte der Markt
offenkundig noch kein größeres Problem. Besonders neu ist das ja auch
nicht gewesen. Dass die EZB am Kaufprogramm festhält und es nicht
vorzeitig beenden will, hatten schon verschiedene EZB-Vertreter immer
wieder klargestellt.

Renditen steigen kräftig

Eine knappe halbe Stunde später ging der EZB-Chef dann auf die
Schwankungen an den Anleihemärkten ein: Die Kursschwankungen am
Anleihemarkt könnten auf technischen Faktoren, höherem Wachstum und
höherer Inflation beruhen. Außerdem, und das soll nun der
entscheidende Satz gewesen sein, sagte Draghi, dass man sich an
höhere Kursschwankungen gewöhnen sollte. Des Weiteren meinte er, dass
der EZB-Rat einstimmig in der Beurteilung war, dass über die
Kursschwankungen hinweggesehen werden kann. Danach kannte der Markt
dann nur noch eine Kursrichtung, und zwar südwärts. Die Renditen von
Bundesanleihen und Anleihen der Eurozonenperipherieländer schossen
empor. Auch am Donnerstag setzte sich der Kursabstieg zunächst noch
fort. Erst am Nachmittag kehrte wieder Ruhe in die Märkte ein.

Aber was hat Draghi eigentlich gesagt? Im Grunde genommen hat er
nur das ausgesprochen, was sowieso jeder weiß oder wissen sollte.
2014 und Anfang dieses Jahres haben sich die Marktteilnehmer darauf
eingestellt, dass die EZB ein umfangreiches Kaufprogramm für Bonds
auflegen wird, um sich gegen die drohende Deflation zu stemmen. Die
EZB hat dann im Januar auch geliefert und das Bondprogramm
angekündigt. Manch einer im Markt hatte sogar ein noch größeres
Programm erwartet, als letzten Endes nun dabei herumgekommen ist. Und
immer wieder ist analysiert und erklärt worden, welche tiefen Spuren
das Programm an den Märkten hinterlassen wird. Vom kräftigen
Ankündigungseffekt war die Rede und davon, dass die Liquidität in den
Rentenmärkten spürbar abnehmen wird. Und bekanntermaßen kommt es in
weniger liquiden bzw. illiquiden Märkten auch gern mal zu erratischen
Schwankungen. Das ist nichts Neues und kann von Marktteilnehmern auch
an den liquiditätsarmen Feiertagen beobachtet werden, nämlich genau
dann, wenn in einem Land Feiertag ist und in dem anderen Land nicht.
Dann fehlen feiertagsbedingt die Investoren, die Umsätze sprich
Liquidität ist gering und die Volatilität nimmt zu.

EZB kauft ganz routiniert

Und genau das hat Draghi nun mit Blick auf das Anleiheprogramm
eben auch festgehalten. Die EZB kauft - ziemlich routiniert, wie man
im Markt hört - Anleihen. Die nationalen Zentralbanken sind ständig
im Markt präsent. Monat für Monat werden seit März Bonds von Staaten
sowie Agencies im Umfang von 60 Mrd. Euro gekauft. Und im Juni soll
noch einmal aufgedreht werden, weil man bekanntlich im Sommerloch
nicht mehr so viel wie sonst erwerben kann. Und genau diese Käufe
bleiben nicht ohne Wirkung. Aber genau das ist doch immer wieder
prognostiziert worden. Nun ist es eben eingetreten.

Folge des Kaufprogramms

Selbstverständlich werden diese hohen Volatilitäten an den Märkten
bleiben, die Liquidität wird in den einzelnen Segmenten noch weiter
abnehmen. Die Gefahr von erratischen Ausschlägen steigt damit weiter
an. Und Draghi hat natürlich völlig recht, wenn er den
Marktteilnehmer rät, dass man sich besser an solche hohen
Kursschwankungen gewöhnt. Sie sind eben die logische Folge des
Kaufprogramms, dessen Größenordnung bei mehr als 1 Billion Euro
liegt. Es ist nicht nachvollziehbar, wie das am Markt noch
irgendjemanden auf dem falschen Fuß erwischen kann - auch dann nicht,
wenn Draghi es ausspricht.



Pressekontakt:
Börsen-Zeitung
Redaktion

Telefon: 069--2732-0
www.boersen-zeitung.de


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