Börsen-Zeitung: Vom Bondmarkt erschrocken, Marktkommentar von Christopher Kalbhenn
Geschrieben am 12-06-2015 |
Frankfurt (ots) - Es liest sich wie Werbung für sportive Modelle
aus deutscher Autoproduktion: "Von null auf hundert in acht Wochen",
titelte das Bankhaus M.M. Warburg vor dem Wochenende einen Kommentar
zum Anleihemarkt. Der Kursverfall der Staatsanleihen hat die
Marktteilnehmer stark erschrocken. Anfang April noch bei rekordtiefen
5 Basispunkten, erreichte die Rendite der zehnjährigen Bundesanleihe
in der abgelaufenen Woche die Marke von 1%. Nicht dass dies per se
ein Niveau wäre, bei dem befürchtet werden müsste, dass es die
Kreditvergabe und damit letztlich die Konjunktur abwürgen würde. Im
Gegenteil: Eine Verzinsung zehnjähriger Bundesanleihen mit 1% wäre
vor nicht allzu langer Zeit noch als völlig lächerlich bezeichnet
worden.
Das Problem ist jedoch das Tempo, in dem die Anleiherenditen
hochgeschossen sind. Marktteilnehmer treibt die Sorge um, dass das so
weitergehen könnte und es dadurch insgesamt zu heftigen Turbulenzen
an den Finanzmärkten kommen könnte. Daher will auch bei den
Institutionellen, die durch das Niedrigrenditeumfeld vor wachsenden
größeren Risiken hinsichtlich ihrer langfristigen Verpflichtungen
stehen, angesichts des nun etwas angehobenen Renditeniveaus derzeit
keine rechte Freude aufkommen.
Erschreckend genug sind auch die Spuren, die der Kursrutsch an den
Staatsanleihemärkten in den Portfolien hinterlässt. Weltweit haben
Staatsanleihen, gemessen am Bank of America Merrill Lynch Global
Government Index, im zweiten Quartal bislang 2,9% eingebüßt. Liegt
der Index auch am 30. Juni auf diesem Niveau, wäre dies laut
Bloomberg das Quartal mit der schwächsten weltweiten
Staatsanleihe-Performance seit dem Jahr 1987. Noch schmerzhafter
fällt die bisherige Quartalsbilanz der Bundesanleihen aus. Der
Gesamtertrag (Kuponrendite plus Kursentwicklung) seit Beginn des
Quartals beläuft sich auf -4,9%.
In den Analyseabteilungen der Banken stellen sich die
Anleiheexperten auf einen weiteren Anstieg der Renditen ein.
Allerdings wird nicht damit gerechnet, dass die Renditen in dem Tempo
der zurückliegenden Wochen weiter anziehen werden. Die Mehrheit geht
von auf längere Zeit niedrig bleibenden Renditen aus, einige Häuser
erwarten, dass die Renditen wieder nachgeben werden. Zu Letzteren
zählt die Commerzbank. Das Institut hält die in der Eonia-Kurve
implizierte Erwartung, dass die Tagesgeldsätze bis zum Jahresende um
mehr als 15 Basispunkte steigen, sowie den Anstieg der realen
Renditen für überzogen bzw. stark widersprüchlich zu den
geldpolitischen und Inflationsaussichten. Kurzfristig belastet jedoch
weiter die sich anbahnende Zinswende in den USA. Zusätzlich belasten
würden Anzeichen für einen Kompromiss mit Griechenland vor dem
Treffen der Eurogruppe am Donnerstag. Die Bank glaubt, dass die
zehnjährige Bundrendite zunächst bis rund 1,25% steigt, ehe die
Renditen im Sommer wegen des zunehmenden Reinvestitionsbedarfs wieder
nachgeben.
Die Helaba hat ihre Prognosen für die zehnjährige Bundrendite für
das dritte und das vierte Quartal um 75 Basispunkte auf 1,25% erhöht.
Der jüngste Renditeanstieg und die Kommentare von EZB-Chef Mario
Draghi hätten zuletzt den Eindruck vermittelt, dass die Notenbank den
Daumen vom langen Ende der Zinsstrukturkurve genommen hat. Die
Fundamentaldaten, die schon länger in eine positive Richtung wiesen,
könnten jetzt mehr Wirkung entfalten. Eine steigende Teuerung und
günstige Konjunkturdaten würden im zweiten Halbjahr belastend wirken.
Hinzu komme die anstehende Zinswende der Fed. "Deren Signalwirkung
sollte besser nicht unterschätzt werden, zumal QE seinen Nimbus
weitgehend eingebüßt hat."
M.M. Warburg glaubt, dass die Schwäche der Rentenmärkte "mit der
vermutlich im September stattfindenden ersten Zinserhöhung in den
USA" zu erklären ist. Sowohl 2004 als auch 1994 sei es an den
Rentenmärkten im Vorfeld einer ersten Zinserhöhung in den Vereinigten
Staaten zu Kursverlusten gekommen. Mit Blick auf die beiden
wichtigsten fundamentalen Einflussfaktoren, die die Zinsen
beeinflussten, nämlich das Wirtschaftswachstum und die Inflation,
unterscheide sich die heutige Situation entscheidend von den Jahren
1994 und 2004. Sowohl 1994 als auch 2004 sei es zu einer deutlichen
Beschleunigung des globalen Wirtschaftswachstums gekommen, damit
einher sei ein stärkerer globaler Preisauftrieb gegangen. Die Bank
rechnet jedoch mit einer gering bleibenden langfristigen Konjunktur-
und Inflationsdynamik. Dies deute darauf hin, dass das Zinsniveau
auch langfristig niedrig bleiben werde.
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