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Börsen-Zeitung: Die Fed wartet auf Godot, Marktkommentar von Kai Johannsen

Geschrieben am 19-06-2015

Frankfurt (ots) - Die US-Notenbank Fed ist on hold. So lassen sich
die Äußerungen von Fed-Chefin Janet Yellen auf der Pressekonferenz
nach der Sitzung des Offenmarktausschusses am vorigen Mittwoch
interpretieren. Die US-Währungshüter beließen den Leitzins nahe null
Prozent. Zuletzt hatte auch wirklich keiner mehr damit gerechnet,
dass es im Juni noch zu dem sogenannten "Lift-off", d.h. der ersten
Zinsanhebung in den USA seit der Finanzkrise, kommt. Viele hatten
sich aber schon auf September eingestellt. Die Fed hat sich wie
erwartet alle Optionen offengehalten. Somit könnte es auch im
September immer noch so weit sein, aber Yellen hat sich auch die
Option des weiteren Abwartens über September hinaus offengehalten.

Denn einen Zeitpunkt hat die Fed-Chefin in ihren Äußerungen nicht
konkretisiert. Vielmehr hat Yellen den Zeitpunkt der lange erwarteten
Zinswende noch heruntergespielt. Es sei weitaus weniger wichtig, wann
die Leitzinsen erstmals seit der Finanzkrise nun wieder steigen
würden. Entscheidender sei, in welcher Geschwindigkeit die Zinsen
nach der ersten Anhebung weiter erhöht würden.

Yellen wiederholte die Sachverhalte, die sie und andere
Repräsentanten der Fed nun schon wieder und wieder dargelegt haben.
Es gebe für die späteren Zinserhöhungen keinen vorgefertigten
Fahrplan. Die Zinsanhebungen seien nach wie vor datenabhängig.
Außerdem hat die Fed ihre Projektionen für Wachstum und
Zinsentwicklung abermals nach unten korrigiert. Das alles zusammen
wurde an den Märkten vielfach dahingehend interpretiert, dass die Fed
es nicht so eilig hat mit der Zinsanhebung, dass sie weiterhin sehr
behutsam vorgehen wird. Kurzum: Die Wahrscheinlichkeit, dass die Fed
weiter wartet, ist nach wie vor sehr hoch. Es gleicht dem berühmten
"Warten auf Godot".

Im Rahmen ihres Mandats verfolgt sie konkret die Entwicklung auf
dem Arbeitsmarkt und die Entwicklung an der Inflationsfront. Wieder
und wieder hat die Fed eine Zinsanhebung davon abhängig gemacht, dass
ausreichend Inflation vorhanden ist, es also keine Disinflation und
Deflationsgefahren gibt, die die Konjunktur ins Wanken bringen
könnten. Auch der Arbeitsmarkt wurde immer ganz konkret verfolgt. Er
müsste in einer hinreichend robusten Verfassung sein, damit die
geldpolitischen Zügel gestrafft werden können. Auch das hatte die Fed
immer wieder herausgestellt. Implizit verfolgt die Fed aber auch die
Konjunktur. Es ist klar, dass die Fed kaum zu Zinserhöhungen greifen
wird, wenn dies das Wachstum abwürgen würde. Diesbezüglich hat sich
in der Vergangenheit und nun eben auch in diesem Monat
herausgestellt, dass die Fed in ihrer konjunkturellen Einschätzung
stets zu optimistisch gewesen ist.

Thematisiert wurde in diesem Zusammenhang aber auch im vergangenen
Jahr der Wechselkurs. Auch den hat die Fed im Blick, denn der Dollar
hat gegenüber der Gemeinschaftswährung deutlich aufgewertet, was den
exportorientierten US-Industrien auf den Weltmärkten deutlich zu
schaffen machen könnte. Diese Aufwertung wirkt schon wie eine
Zinsanhebung.

Behutsam vorgehen will die Fed auch noch mit Blick auf zwei
weitere Aspekte. Man könnte auch sagen, sie wartet ab, bis auch hier
alles reif ist für eine Zinsanhebung. Zum einen ist der Fed nicht
daran gelegen, dass es auf den Finanzmärkten zu nachhaltigen
Verwerfungen kommt. Die Marktteilnehmer sollen ausreichend auf diesen
Schritt vorbereitet sein. Fragt sich nur, wer mittlerweile nicht mehr
darauf vorbereitet ist. Zum anderen will die Fed auch internationale
Aspekte im Blick behalten wie etwa die Griechenlandkrise oder das
Risiko, dass eine Zinsanhebung über Kapitalabflüsse zu Problemen in
den Emerging Markets führt. Nun bleibt nur noch abzuwarten, ob die
Fed auch noch so lange wartet, bis der Internationale Währungsfonds
dann auch noch grünes Licht gibt für eine Zinsanhebung, hatte dessen
Chefin Christine Lagarde die US-Notenbank doch dazu aufgerufen, mit
dem Schritt noch bis zum ersten Halbjahr 2016 zu warten.

Dieses Abwarten, bis alle Ampeln auf Grün stehen, gleicht schon
der Quadratur des Kreises. Irgendetwas wird immer gegen eine
Zinsanhebung sprechen. Es könnte sogar sein, dass die Fed zu lange
wartet und an den Märkten die Bondrenditen schon wieder sinken, wenn
die Fed die Zinsen erhöht. Der frühere Fed-Chef Alan Greenspan
bezeichnete genau diesen Umstand steigender Leitzinsen und fallender
Bondrenditen 2006 als Rätsel. Des Rätsels Lösung war, dass es kein
Rätsel gab. Der Markt preiste den konjunkturellen Abschwung ein.
Yellen sollte nicht so lange warten, bis der Markt erneut andere
Szenarien einpreist.



Pressekontakt:
Börsen-Zeitung
Redaktion

Telefon: 069--2732-0
www.boersen-zeitung.de


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