Neue Westfälische (Bielefeld): Kommentar
Protestanten und Katholiken vor dem Lutherjahr 2017
Nicht Gegner, sondern Verbündete
Lothar Schmalen
Geschrieben am 29-06-2015 |
Bielefeld (ots) - Martin Luther, der Augustinermönch, der mit
seinen berühmten 95 Wittenberger Thesen von 1517 Weltgeschichte
schrieb, ist sicher eine der ganz großen Gestalten der Deutschen.
Dennoch waren Jahrhundertfeiern zum Reformationstag vor allem in
Deutschland in früheren Zeiten stets Anlass zur gegenseitigen
Abgrenzung. Protestanten und Katholiken zelebrierten förmlich ihre
unterschiedliche Sicht auf die Kirchengeschichte und natürlich auf
die Kirchenspaltung im 16. Jahrhundert. Doch es geht auch anders:
Zumindest die Spitzen der beiden großen christlichen Kirchen haben
sich vorgenommen, bei den 500-Jahr-Feiern, die für 2017 ins Haus
stehen, nicht das Trennende, sondern das Verbindende zu betonen.
Besonders wichtige Elemente des Lutherjahrs wollen die Kirchen
gemeinsam begehen. Gemeinsame Gottesdienste, gemeinsame Tagungen und
gemeinsame Pilgerreisen sollen auch nach außen zeigen, dass
protestantische und katholische Christen heute keine Gegner mehr,
sondern längst Verbündete sind. Es waren bemerkenswerte Sätze, die
die wichtigsten Vertreter der beiden Kirchen in Deutschland, der
Vorsitzende der Bischofskonferenz, Kardinal Reinhard Marx, und der
EKD-Vorsitzende, Heinrich Bedford-Strohm, jetzt ausgetauscht haben.
Die protestantischen Christen wollen Buße tun, weil sie die
katholische Kirche zu oft abgewertet hätten, sagt der oberste
Protestant. Und der oberste Katholik steht ihm in nichts nach: Die
katholischen Christen wüssten viel zu wenig über die Bedeutung des
großen Reformators Martin Luther. In Wirklichkeit bringen die beiden
Kirchenoberen nur zum Ausdruck, was in weiten Teilen der christlichen
Basis, in vielen protestantischen Kirchengemeinden und katholischen
Pfarrgemeinden, längst Alltag ist. Protestanten und Katholiken beten
zusammen, feiern gemeinsam Gottesdienst und tun gemeinsam Gutes
(beispielsweise für Flüchtlinge). Die praktische Ökumene unten ist
eben viel weiter als die theologische Ökumene oben.
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