Neue Westfälische (Bielefeld): Kommentar: Füchtlingswelle überfordert NRW-Städte
Organisationsversagen
THOMAS SEIM
Geschrieben am 01-07-2015 |
Bielefeld (ots) - Manchmal benötigt die Politik das Eintreten des
Chaos', um die Dringlichkeit eines Problems zu erkennen. Jetzt ist es
soweit: Die zentralen Flüchtlingsaufnahmestellen in Bielefeld und
Dortmund sind voll. NRW kann der mit Wucht hereinbrechenden
Flüchtlingswelle nicht mehr standhalten. Man hätte das sehen und
entsprechende Maßnahmen früher einleiten könnten. Das gilt für NRW.
Aber das gilt vor allem für eine Bundesregierung, die sich dem
heraufziehenden Flüchtlingschaos nur zögerlich und widerwillig
zuwandte. Mag sein, dass das Thema einer drohenden Griechen-Pleite
die Politiker-Köpfe so sehr beschäftigt, dass dort für mehr aktive
Handlungsplanung keine Kapazitäten frei sind. Die Menschen vor Ort
beschäftigt die Lage schon. Sie tut dies um so mehr, als sie
feststellen, dass wir - dies meint besonders unsere öffentliche
Ordnung und deren Planung - mit dem Ansturm aus Bürgerkriegs- und
Hunger-Ländern überfordert sind. Dieses Organisationsversagen im
Blick auf die steigenden Flüchtlingszahlen und sich daraus ergebende
Herausforderungen des Alltags sind gefährlich. Nicht nur in den neuen
Ländern, auch hier bei uns in NRW sorgen sich viele Bürgerinnen und
Bürger, dass die Flüchtlingswelle gewohnte Sicherheiten überspülen
könnte. 11.000 Menschen in Bielefeld haben zu Jahresbeginn in
beeindruckender Weise auf einer Kundgebung deutlich gemacht, dass es
hier keinen fruchtbaren Boden für eine ausländerfeindliche
"Das-Boot-ist-voll"-Mentalität gibt. Das ist gut so. Aber es schützt
nicht vor einer Eskalation der Debatte, wenn wir die Situation nicht
beherrschbar machen. Vor wenigen Tagen haben wir den 25. Jahrestag
der deutschen Währungsunion begangen, der eine grandiose Geschichte
der Freiheit geschrieben hat. Begonnen hat diese Geschichte in
Ungarn, das sich seiner historischen Verantwortung gegenüber den
deutschen Flüchtlingen aktiv gestellt hat. Damals jedenfalls. Daran
darf man - auch die Ungarn - heute freundlich erinnern, wenn man nun
mit Sorge auf die Herausforderungen der Flüchtlingssituation und die
Abschottungsversuche in europäischen Ländern blickt.
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Neue Westfälische
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