Börsen-Zeitung: Die Fed im Wartemodus, Marktkommentar von Kai Johannsen
Geschrieben am 31-07-2015 |
Frankfurt (ots) - Und wieder einmal sind sie enttäuscht worden,
und zwar diejenigen Zinsanalysten, die darauf gesetzt hatten, dass
die US-Notenbank Fed konkretere Signale für eine Zinsanhebung im
September liefert. Die Fed lieferte eben nicht. Sie hielt sich
abermals alle Optionen offen - für eine Zinsanhebung im September,
aber eben auch dafür, diesen Schritt nicht vorzunehmen. Mancher
Analyst versucht nun, doch noch in das leicht veränderte Wording
etwas hineinzuinterpretieren. Im Großen und Ganzen bleibt aber
festzuhalten, dass die US-Notenbanker weiterhin im Wartemodus sind.
Die Fed will noch "weitere Verbesserungen" am Arbeitsmarkt
abwarten, bevor sie die Zinsen anhebt. Außerdem ergänzten die
US-Währungshüter, dass sie sich "ziemlich sicher" sein wollen, dass
sich die Inflation wieder in Richtung des Zielwertes von 2% bewegt,
bevor es zu dem Zinsschritt kommt. Allerdings - und auch das ist
festzuhalten - ist die Fed weiterhin willens, sich von dem
Leitzinstiefpunkt abzusetzen - wenn es geht, noch in diesem Jahr.
Mehr sollte man in das jüngste Statement der Fed nicht
hineininterpretieren.
Arbeitsmarkt im Blick
Es ist natürlich Sache der Fed festzulegen, was denn "weitere
Verbesserungen" am Arbeitsmarkt sein werden, die dann letztlich dazu
führen, dass sie die Zinsen anheben kann. Vor allem geht es dabei um
die Frage, wie nachhaltig diese Verbesserungen denn ausfallen müssen.
Vor diesem Hintergrund werden die Akteure an den Finanzmärkten die
nächsten beiden monatlichen Arbeitsmarktstatistiken der USA ganz
genau verfolgen, d.h. die Arbeitsmarktberichte für Juli und August.
Sollten beide Statistiken bescheinigen, dass der Arbeitsmarkt eine
sehr robuste Verfassung aufweist, da die Zahl der neu geschaffenen
Stellen weit die Prognosen übertrifft und auch die Arbeitslosenrate
Vollbeschäftigung signalisiert, sollten sich die Anleger darauf
einstellen, dass der Zinsschritt in den USA ein sehr großes Stück
nähergerückt ist.
Für die Juli-Zahlen erwarten die Experten gemäß Bloomberg-Umfrage
derzeit 225.000 neue Stellen (außerhalb der Landwirtschaft). Im
Vormonat waren es 223.000 neue Arbeitsplätze. Fallen allerdings die
Juli-Zahlen schwächer aus und gibt es dann wieder für August
robustere Zahlen als erwartet (oder umgekehrt), so dass sich
insgesamt ein gemischtes Bild ergibt, ist wohl eher davon auszugehen,
dass die US-Zentralbanker im September weiterhin erklären werden,
dass es besser ist, noch ein wenig abzuwarten. Aber daran haben sich
die Marktteilnehmer ja schon gewöhnt. Manch einer war ja schon 2013
davon ausgegangen, als Ben Bernanke, der Vorgänger von Fed-Chefin
Janet Yellen, das Tapering ins Spiel brachte, dass nun auch bald der
Zinsschritt folgt. Über zwei Jahre ist das nun her. Die Fed hat sich
immer wieder fürs Warten entschieden, zu groß schien ihr offenkundig
die Gefahr, dass der Zinsschritt etwas ins Wanken bringen könnte.
Aber selbst wenn die beiden Arbeitsmarktberichte für Juli und
August eine robuste Lage auf dem US-Arbeitsmarkt bescheinigen, ist
der Zinsschritt mitnichten eine ausgemachte Sache. Die Fed hat
verschiedentlich klargestellt, dass sie auch internationale Aspekte
mit auf der Agenda hat. Angeführt hat sie dabei unter anderem die
Griechenlandkrise und auch die Situation in den Emerging Markets. Sie
hat dabei durchaus im Blick, dass der Zinsschritt in den USA nicht zu
einem Abzug von Kapital in den Schwellenländern und damit zu
erheblichen Beeinträchtigungen des Wachstums in diesen Regionen
führen soll.
In den vergangenen Wochen ist mit dem dramatischen Kursverfall an
den chinesischen Aktienmärkten nun ein weiterer dieser
internationalen Aspekte hinzugekommen, der durchaus das Potenzial
hat, die Fed davon abzuhalten, die erste Zinsanhebung seit Ausbruch
der Finanzkrise durchzuführen. Nebenbei bemerkt: Sie würde fast auf
den Tag genau sieben Jahre nach der Lehman-Pleite erfolgen. Lehman
beantragte am 15. September 2008 die Insolvenz. Die kommende
zweitägige Septembersitzung des Offenmarktausschusses findet am 16.
und 17. September statt.
Sollten die Märkte in China weiter auf Tauchstation gehen und sich
damit auch abzeichnen, dass es Gefahren für die Weltkonjunktur gibt,
ist nicht damit zu rechnen, dass die Fed noch Öl ins Feuer gießen
wird und dann eben auch noch die Zinsen anhebt. Ansonsten könnte das
über einen Kapitalabzug aus China dazu führen, dass die dortige
Konjunktur noch weiter beeinträchtigt wird. Und außerdem weiß auch
Fed-Chefin Yellen: China ist schließlich kein ganz unbedeutender
Käufer von amerikanischen Staatsanleihen. Sie wird ihn ungern in
einer solchen Situation noch vergrätzen wollen.
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