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Börsen-Zeitung: Warnschuss aus China, Marktkommentar von Kai Johannsen

Geschrieben am 14-08-2015

Frankfurt (ots) - Das ist wahrlich ein Paukenschlag gewesen, der
in der gerade abgelaufenen Woche aus China gekommen ist. Die
chinesische Zentralbank hat die Landeswährung Yuan am Dienstag und
Mittwoch um insgesamt 3,5% abgewertet und die Finanz- und
Rohstoffmärkte weltweit kräftig durchgeschüttelt. Aktienmärkte
gerieten unter enormen Druck, genauso wie diverse Währungen, vor
allem die von Ländern mit hohen Rohstoffexporten nach China. Auch die
Rohstoffmärkte bekamen die Sorgen vor einem Konjunktureinbruch - der
befürchteten harten Landung der chinesischen Wirtschaft - zu spüren,
wie an mehrjährigen Jahrestiefs mancher Rohstoffe abzulesen war. Die
Flucht in Sicherheit gewann an den Märkten wieder die Oberhand,
Gewinner waren die sicheren Häfen wie Gold oder Bundesanleihen. Am
kurzen Ende der Kurve konnten schon wieder Rekorde gefeiert werden.
Die zweijährige Bundrendite sackte bis auf minus 0,29% ab. Bis zu
fünf Jahren Laufzeit war die Kurve negativ.

Prompte Reaktion

Am Donnerstag bremsten die Chinesen den Kursverfall des Yuan ab,
es kam zur Beruhigung der Märkte, die auch am Freitag noch anhielt.
Nun blicken die Akteure an den Finanz- und Rohstoffmärkten auf die
nächsten Tage. War es das schon, oder legen die Chinesen etwa noch
mal nach, lautet die bange Frage. Ursprünglich sollte es ja eine
einmalige Maßnahme sein, mit der sie der Konjunktur unter die Arme
greifen wollten. Aber ob es wirklich dabei bleibt, daran sollten
zumindest leichte Zweifel angebracht sein. Medienberichten zufolge
sollen einflussreiche Stimmen in der Regierung darauf aus sein, dass
der Yuan weiter abgeschwächt wird. Die Rede ist in diesem
Zusammenhang von 10% Abwertung. Dann kämen die Chinesen noch mit zwei
weiteren Runden Abwertung des gesehenen Ausmaßes daher, was an den
Märkten noch für sehr heftige Bewegungen sorgen könnte. China würde
mit einer derartigen Abwertung einen Konjunkturimpuls über die
Exportseite bekommen. Die Exporte waren im Juli um 8,3% eingebrochen.
Die Zahlen waren erst einen Tag vor den Interventionen bekannt
geworden. Die Zentralbank hat demzufolge prompt reagiert.

Ob es aber nur diese Zahlen waren, die Peking zum Handeln gebracht
haben, muss man allerdings bezweifeln. Erst jüngst war die
Zinsdiskussion in den USA neu befeuert worden. Dennis Lockhart,
Präsident der Fed von Atlanta, hatte sich ziemlich deutlich geäußert
bezüglich des Zinsschritts. In Abhängigkeit von entsprechend robusten
Konjunkturdaten hatte er in Aussicht gestellt, im September bei der
nächsten turnusmäßigen Sitzung des Offenmarktausschusses nicht mehr
gegen eine Leitzinsanhebung stimmen zu wollen. Er stimmte die Märkte
somit stärker auf September als geeigneten Zinsanhebungszeitpunkt
ein.

Der Warnschuss aus China könnte also auch in Richtung USA gegangen
sein. Kommt es zur Zinsanhebung in den Vereinigten Staaten, wird es
tendenziell attraktiver, dort Kapital anzulegen und es aus
aufstrebenden Volkswirtschaften abzuziehen. China und andere Länder
des asiatischen Raums brauchen dieses Kapital aber, um ihren
Aufschwung zu finanzieren.

Es ist gut möglich, dass die Chinesen den Zeitpunkt mit Blick auf
die September-Sitzung der Fed gewählt haben. In den Reihen der Fed
dürften aber auch die nun erfolgten Abwertungsschritte so manchen zum
Nach- bzw. vielleicht auch schon Umdenken bewogen haben. Und mancher
in den Reihen der Fed wird etwas zögerlicher, ob es mit Blick auf
China und andere Länder wirklich so glücklich ist, bereits jetzt an
der Zinsschraube zu drehen. Die Wahrscheinlichkeit einer Zinsanhebung
im September hat eher ab- als zugenommen.

Dass mancher Notenbanker eher zurückhaltender geworden sein dürfte
in Sachen Zinsanhebung, führt zu einem weiteren Aspekt, auf den vor
Wochenfrist - kurz nach dem etwas schwächer als erwartet
ausgefallenen US-Arbeitsmarktbericht für Juli - Volkswirt Philip
Marey von der niederländischen Rabobank hingewiesen hat: "Wenn man
die Zinsen erstmals nach Jahren anheben will, möchte man Einigkeit
demonstrieren." Bei einer Anhebung im September müsse mit
Gegenstimmen gerechnet werden. Vollkommen richtig. Und nach der
Yuan-Abwertung könnten es noch mehr Gegenstimmen sein.

Diesen Risikofaktor wird die Fed ins Kalkül nehmen müssen. Wie
sieht es denn aus, wenn man die Zinsen anhebt, die Konjunktur später
zur Schwäche neigt und der Zinsanhebungszyklus unter- oder
abgebrochen werden muss? Später wird der Fed in einem solchen Fall
immer vorgehalten werden, dass es innerhalb der Fed die warnenden
Gegenstimmen gab, die genau darauf hingewiesen haben.



Pressekontakt:
Börsen-Zeitung
Redaktion

Telefon: 069--2732-0
www.boersen-zeitung.de


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