Börsen-Zeitung: Pragmatismus versus Prinzipien, Kommentar von Mark Schrörs
Geschrieben am 20-08-2015 |
Frankfurt (ots) - Ende gut, alles gut? Für die Europäische
Zentralbank (EZB) scheint das in Sachen Griechenland zuzutreffen:
Gestern hat sie auch die zweite kurzfristig fällige
Milliarden-Rückzahlung aus Athen pünktlich erhalten - was vor einigen
Wochen keineswegs sicher schien und sie in dem Fall in Kalamitäten
gestürzt hätte. Zudem scheint mit dem angelaufenen dritten Hilfspaket
die Gefahr eines "Grexit" vorerst gebannt - was es der EZB erspart,
mögliche Verluste in bis zu dreistelliger Milliardenhöhe erklären zu
müssen. Hat EZB-Chef Mario Draghi also doch alles richtig gemacht,
als er unter mindestens maximaler Dehnung von Mandat und Recht die
Hellas-Banken über Monate am ELA-Tropf hielt? Ende gut, alles gut?
Mitnichten!
Das gilt zum einen, weil es völlig verfrüht ist für Entwarnung.
Ja, die getroffene Vereinbarung ist ein Hoffnungsschimmer, dass es in
Griechenland langsam aufwärtsgeht. Viel wichtiger als das, was auf
dem Papier steht, ist aber, was im Alltag passiert. Die Griechen
müssen für sich den Bedarf für einen Wandel annehmen - statt ihn als
aufoktroyiert zu sehen. Da bestehen Zweifel. Zudem ist der
Geduldsfaden auf beiden Seiten zum Zerreißen gespannt. Insofern ist
der Grexit noch nicht endgültig vom Tisch.
Zum anderen ist ein Ende-gut-alles-gut fehl am Platz, weil das
Handeln der EZB grundsätzliche Fragen aufgeworfen hat und sie erneut
Präzedenzfälle geschaffen hat, die ihr auf die Füße fallen können:
Über Monate hat sie die Emergency Liquidity Assistance (ELA)
abgenickt, obwohl Zweifel an der Solvenz der Banken bestanden und
bestehen. Das hat auch Sorgen um den "Biss" der EZB als
Bankenaufsicht geschürt. Sie hat so auch immer größere Risiken auf
die eigene Bilanz geladen. Die wird sie nicht so schnell los, und im
Notfall bieten sie Erpressungspotenzial. Vor allem aber hat sie sich
zu sehr gemein gemacht mit der Politik. Wenn dereinst der Ausstieg
aus der beispiellosen Anti-Krisen-Geldpolitik gelingen soll, braucht
es aber eine Zentralbank, die den Finanzministern die Stirn bietet.
Wenn es nun wieder heißt, (Draghis) Pragmatismus habe erneut
(deutsche) Prinzipientreue geschlagen, ist das deshalb zu kurz
gesprungen. Sicher, mitunter gibt es Bedarf an pragmatischen Lösungen
- die dann aber statt von der EZB besser von der Politik kommen
sollten, die dafür im Notfall auch zur Rechenschaft gezogen werden
kann. Bei allen kurzfristigen Zwängen darf aber nie vergessen werden,
dass es langfristig auch eine verlässliche Basis aus Absprachen und
Regeln braucht. Sonst erodiert jegliches Vertrauen in die
Währungsunion. Das darf insbesondere die EZB nicht kaltlassen.
Deshalb: Es ist längst nicht alles vorbei - und keineswegs alles gut.
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