Börsen-Zeitung: Holperstrecke,
Kommentar zur chinesischen Konjunktur von Norbert Hellmann
Geschrieben am 01-09-2015 |
Frankfurt (ots) - Chinas neue Einkaufsmanagerdaten haben den
nächsten Wackler an den Aktienmärkten ausgelöst. In den vergangenen
Wochen waren vor allem Einbrüche an Chinas Börsen sowie eine
Abwertung des Yuan die Verursacher von Panikwellen an den
Weltfinanzmärkten. Nun sind es reale Wirtschaftsdaten an denen sich
die China-Ängste festmachen. Dabei muss man aber nüchtern
feststellen, dass die Einkaufsmanagerindizes für August zwar eine
Schwächeperiode in der chinesischen Industrie und auch
Dynamikverluste im Dienstleistungssektor signalisieren, aber
keineswegs so verheerend ausgefallen sind, wie bisweilen dargestellt.
Derzeit werden die Prognosen für Chinas Wirtschaftswachstum stark
nach unten korrigiert. Dies liegt nicht nur an den eingetrübten
Erwartungen im Industriesektor, sondern auch an Effekten, die vom
Aktienmarkt ausgehen. Ein bis Juni währender Börsen- und
Finanzdienstleistungsboom dürfte das chinesische Bruttoinlandsprodukt
(BIP) in den ersten sechs Monaten zunächst um bis zu 1,3
Prozentpunkte nach oben befördert haben. Nur so kam man in den ersten
beiden Quartalen auf die dem offiziellen Ziel entsprechende
Wachstumsmarke von 7%. Der Börsencrash und seine Folgen für die
Finanzsektoraktivität dürften in der zweiten Jahreshälfte etwa einen
halben Prozentpunkt beim Wachstum kosten. Chinas Börsen tragen so zu
einer verzerrten Optik bei: Bislang hat man die Schleifspuren des
strukturellen Anpassungsprozess, der vor allem die traditionelle
Schwerindustrie zurückwirft, etwas unterschätzt, nun werden sie
überdeutlich.
Man muss sich darauf gefasst machen, dass das Wirtschaftswachstum
zumindest im dritten Quartal weit unter die Sieben-Prozent-Marke
sackt und zwar unabhängig von den immer größeren geldpolitischen und
fiskalischen Impulsen, mit denen Peking gegensteuert. Auch sollte man
es nicht als Katastrophe verstehen, wenn Chinas Wirtschaftswachstum
für das Gesamtjahr etwas nachlässt. Die Direktorin des
Internationalen Währungsfonds (IWF) Christine Lagarde erklärt zur
chinesischen Konjunkturabkühlung, dass der Übergang zu einer stärker
marktbasierten Wirtschaft so komplex ist, dass der Weg dahin auch ein
wenig "holprig" verlaufen kann. Zweifelsohne eine treffende Analyse.
Chinas Wirtschaft ist nun eben an einem besonders holprigen Abschnitt
angelangt, aber noch weit davon entfernt, auf eine harte Landung
zuzusteuern. An den Märkten muss man noch lernen mit Schlaglöchern
auf Chinas Reformstrecke etwas gelassener umzugehen.
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Telefon: 069--2732-0
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