Corporate- und Investment-Banken sollten ihr Geschäftsmodell anpassen, um den Kunden- und Eigentümer-Anforderungen gerecht zu werden - Digitalisierung und Kulturwandel als größte Herausforderungen
Geschrieben am 02-09-2015 |
München (ots) -
- Kosten für Rechtsrisiken bleiben auf hohem Niveau
- Ertragsstagnation, hohe regulatorische Anforderungen und
starker Kostenfokus der Banken: Experten erwarten
Return-on-Equity-Werte von maximal 11-14 Prozent im kommenden
Jahr
- Finanzinstitute sollten ihren Kapitaleinsatz überdenken und
stärker auf kundenzentrierte Industrialisierung setzen
- Digitalisierung und kultureller Wandel sind bei dieser
Transformation die wesentlichen Hürden
Niedriges Zinsniveau, Kreditausfälle, milliardenschwere Rechts-
und Prozesskosten und steigende regulatorische Anforderungen belasten
seit Jahren die Ertrags- und Ergebnisentwicklung der Institute im
Corporate und Investment Banking. Lag der mittlere Return on Equity
(ROE) der zehn größten Institute zwischen 2001 und 2007 noch bei
durchschnittlich 16 Prozent, so sank er zwischen 2008 und 2014 nach
der Finanzkrise auf 5 Prozent. Die Gründe: höhere Kosten und ein
regulatorisch bedingter niedrigerer Leverage. Auch die aktuelle
Rendite liegt immer noch unter den Eigenkapitalkosten.
Zwar haben die Corporate- und Investment-Banken in den letzten
Jahren schon Geschäftsbereiche optimiert, sich aus bestimmten
Segmenten zurückgezogen und weitere Maßnahmen ergriffen. Doch das
reicht nicht aus; Finanzinstitute sollten sich grundlegend verändern,
wenn sie künftig ihre Eigenkapitalkosten decken wollen, so die neue
Studie von Roland Berger Strategy Consultants, Nomura Global Research
und Tricumen "CIB Outlook 2015: Industrial Journey - Episode II".
Hohe Einmalkosten belasten Rendite
Die Erträge im Corporate- und Investment-Banking werden 2015 nicht
wesentlich steigen, denn höhere Erlöse aus dem Handel mit Aktien oder
durch M&A-Transaktionen werden durch rückläufige Umsätze beim Handel
mit festverzinslichen Wertpapieren geschmälert. Zudem belasten
Einmalaufwendungen die Cost-Income-Ratio weiter. Bei den zehn größten
Marktakteuren mussten im Jahr 2014 insgesamt 12,5 Prozent der
gesamten Kosten für Restrukturierung, Compliance und insbesondere
Rechts- und Prozesskosten aufgewendet werden. Der Hauptanteil davon
sind Strafzahlungen, die sich seit der Finanzkrise auf insgesamt 160
Milliarden Dollar summiert haben.
"Um diese erheblichen Kosteneffekte zu kompensieren, werden viele
Banken ihre Kosten weiter reduzieren müssen", sagt Roland
Berger-Partner Dominik Löber. "Gelingt dies und gehen die
Einmalaufwendungen zurück, so ist eine Steigerung des ROE auf 11-14
Prozent bis 2016 realistisch." Wichtig ist dabei die Entwicklung der
Risikokosten, da sich diese durch den Rückgang der Kreditausfallraten
aktuell auf sehr niedrigem Niveau befinden.
Kundenzentrierte Industrialisierung - der richtige Mix aus Fabrik
und Boutique
In einigen Gebieten spielen Know-How und Agilität eine wichtige
Rolle, um Produkte mit hohen Margen in kleinen Mengen erfolgreich
anzubieten. In anderen Bereichen sind hingegen Skaleneffekte
entscheidend, um standardisierte Produkte mit geringen Margen in
großen Mengen herzustellen. Diese zwei Ansätze müssen Finanzinstitute
im Corporate- und Investmentbanking nun verbinden - je nach
Kundenwünschen.
Viele Banken haben bereits darauf reagiert und ihre gesamte
Organisation und Back-Office-Prozesse stärker auf die
Kundenanforderungen ausgerichtet. Diese Strategie erfordert
allerdings eine detaillierte Segmentierung der Kunden sowie eine
engere Zusammenarbeit zwischen Kundenberatern, Produktexperten und
Back-Office-Abteilungen. "Firmenkunden erwarten ein breites
Leistungsspektrum - vom klassischen Kredit bis hin zur komplexen
Akquisitionsfinanzierung", sagt Dominik Löber. "Um diesen Spagat
hinzubekommen sowie regulatorischen Anforderungen gerecht zu werden,
müssen Banken die Rentabilität ihrer Kunden und Produkte systematisch
analysieren, um bei negativen Entwicklungen schnell reagieren zu
können." Wichtig ist außerdem, dass Finanzinstitute
Compliance-Strukturen entsprechend ihrem Leistungsspektrum
implementieren.
Digitalisierung des Geschäftsmodells vorantreiben
Um den Kundenwünschen besser entgegen zu kommen, sollten Banken
die Digitalisierung schnell vorantreiben. Hier wird das digitale
Kundenerlebnis - etwa bei e-trading-Plattformen - eine sehr wichtige
Rolle spielen. Ein höherer Digitalisierungsgrad wird aber auch bei
internen Prozessen aus Kosten- und Effizienzgründen immer relevanter.
Dies erfordert hohe Investitionen in neue Systeme, wird aber
zukünftig eine Grundvoraussetzung für die Wettbewerbsfähigkeit der
einzelnen Institute sein. Eine zentrale Rolle in der Digitalisierung
des Corporate- und Investmentbankings spielen außerdem Big
Data-Analysesysteme. Denn damit lassen sich relevante Kunden- und
Risikoinformationen genauer auswerten und Banking-Prozesse besser
steuern.
Doch der digitale Wandel betrifft nicht nur Banken; mit
FinTech-Unternehmen treten neue Marktakteure in die angestammten
Geschäftsfelder ein. Diese agieren allerdings nicht nur als
Konkurrenten, sondern können auch als Partner der Banken in digitale
Ökosysteme eingebunden werden. "Allein den digitalen Wandel zu
schaffen, ist für Finanzinstitute sehr schwierig", erklärt Roland
Berger-Partner Klaus Juchem. "Partnerschaften und digitale Ökosysteme
bieten Banken und FinTech-Firmen die Chance, voneinander zu lernen
und gemeinsam von diesem Markt zu profitieren."
Neues Geschäftsmodell erfordert kulturellen Wandel
Nicht nur der Aufbau eines digitalen Geschäftsmodells erfordert
einen kulturellen Wandel im weltweiten Bankensektor. Auch die
neuesten Skandale wegen Zins- und Währungsmanipulationen oder die
fehlerhafte Beratung bei Kreditgeschäften führten zu hohen
Strafzahlungen. Dies hat zudem das Image der Banken in den
vergangenen Jahren stark beschädigt und ihre Attraktivität als
Arbeitergeber leiden lassen. Deshalb sollten Banken traditionelle
Personalmaßnahmen mit innovativen Ideen verbinden. Beim so genannten
"Reverse-Mentoring" wird jeder Führungskraft ein "Digital Native" als
Mentor zur Seite gestellt, um das Bewusstsein für digitale Trends zu
erhöhen. Ebenso wichtig ist es, branchenfremde Mitarbeiter
einzustellen, um tiefgründige Kompetenzen in den Bereichen
Industrialisierung und Digitalisierung zu gewinnen.
Doch dieser kulturelle Wandel kann nur erfolgreich sein, wenn ihn
alle Führungskräfte eines Finanzinstitutes mittragen und vorleben.
Denn das schafft Vertrauen in neue Strukturen und
Verantwortlichkeiten. "Auch wenn Kostendruck, Industrialisierung und
Regulierung weiterhin die größten Herausforderungen für den
Bankensektor sind, sollten Corporate- und Investmentbanken den Wandel
zur kundenzentrierten, digitalen Bank konsequent umsetzen, um künftig
auch gegenüber neuen Marktteilnehmern wettbewerbsfähig zu sein",
fasst Juchem zusammen.
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