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Börsen-Zeitung: Totalschaden, Kommentar zum Winterkorn-Rücktritt bei VW von Peter Olsen

Geschrieben am 23-09-2015

Frankfurt (ots) - Es ist vollbracht. Noch nicht so ganz, aber doch
erkennbar. Der Rest der Krisenbewältigung folgt am Freitag, wenn der
Aufsichtsrat von Volkswagen zusammenkommt: Martin Winterkorn, der
68-jährige VW-Konzernlenker, bis vor wenigen Tagen in seiner Funktion
im Grunde alternativlos, hatte letztlich keine Alternative. Er musste
die persönliche Verantwortung für das Abgasdebakel um
VW-Dieselmotoren übernehmen und seinen Rücktritt verkünden. Wie
überfällig dieser Schritt war, zeigt gerade die Nichtreaktion der
VW-Aktien an der Börse.

Nach dem Führungsstreit im Frühjahr, den der damalige
Aufsichtsratsvorsitzende Ferdinand Piëch mit den Worten "ich bin auf
Distanz zu Winterkorn" auslöste und verlor, und der erst kürzlich
verkündeten Absicht des Aufsichtsrats, Winterkorns 2016 endenden
Vertrag um zwei Jahre zu verlängern, stehen die Verantwortlichen in
Wolfsburg jetzt vor einem Totalschaden.

Noch zu Wochenbeginn wurden Berichte, Winterkorn stünde vor dem
Rücktritt, als "Schwachsinn" abgetan. Dass der Manager nun erklärt,
er übernehme die Verantwortung, "obwohl ich mir keines Fehlverhaltens
bewusst bin", ist ein Beleg dafür, wie stark Winterkorn gedrängt
werden musste, den Weg für einen Neuanfang bei Volkswagen
freizumachen. Seine Verdienste um den Konzern sind hinlänglich
bekannt. Aber woher nimmt das Präsidium des Aufsichtsrats in seiner
Erklärung schon jetzt die Gewissheit, dass Winterkorn "keine Kenntnis
hatte von der Manipulation von Abgaswerten?"

Fest steht im Moment nur, dass der Neuanfang bei Volkswagen, den
Winterkorn mit einer gewissen Dezentralisierung von Verantwortung
noch selbst steuern wollte, nun auch unausweichlich mit weiteren
personellen Konsequenzen verbunden sein wird. Am Freitag muss ein
neuer Vorstandschef her. Man darf gespannt sein, ob tatsächlich der
bisherige Porsche-Chef Matthias Müller, wie schon kolportiert, auf
den Schild gehoben wird.

Dabei kann und wird es nicht bleiben. Nicht im Vorstand und nicht
in anderen Managementebenen, denn Volkswagen selbst will angesichts
des "unermesslichen Schadens" aus dem Diesel-Debakel Strafanzeige
stellen. Und es bleibt noch mehr zu tun. Denn hinsichtlich der
Grundsätze guter Corporate Governance hat sich Volkswagen - dank der
dominanten Stellung der Mehrheitseigner Porsche und Piëch sowie des
Einflusses des weiteren Großaktionärs Niedersachsen - alles andere
als vorbildlich verhalten.



Pressekontakt:
Börsen-Zeitung
Redaktion

Telefon: 069--2732-0
www.boersen-zeitung.de


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