Börsen-Zeitung: Draghi braucht den Dax, Marktkommentar von Stefan Schaaf
Geschrieben am 30-10-2015 |
Frankfurt (ots) - Der Euro gilt ja vielen als Leichtgewicht. Zu
Unrecht, wie sich in der abgelaufenen Handelswoche wieder einmal
zeigte. Die Gemeinschaftswährung berappelte sich sehr schnell wieder
nach dem ersten Schock darüber, dass in den USA die Leitzinsen
entgegen den Erwartungen doch im Dezember steigen könnten. Die
Widerstandsfähigkeit der Gemeinschaftswährung hängt stark mit ihrer
veränderten Rolle als Finanzierungswährung an den globalen
Finanzmärkten zusammen. Dies hat auch Konsequenzen für das Bestreben
der Europäischen Zentralbank, über eine Abwertung der
Gemeinschaftswährung eine Reflationierung herbeizuführen.
Klassischerweise bestimmen Zinsdifferenzen beziehungsweise
erwartete Zinsdifferenzen den Kurs zweier Währungen. Dies war am
vergangenen Mittwoch kurzfristig auch zu beobachten: Die Federal
Reserve ließ sich die Tür für eine Zinserhöhung im Dezember offen,
während viele Marktakteure einen solchen Schritt abgehakt hatten. Die
Fed verwies in ihrer Stellungnahme darauf, dass sie bei ihrer
nächsten Sitzung am 16. Dezember nach der Datenlage entscheiden wird.
Mit dieser Wortwahl hat sie den Markt exakt dahin bewegt, dass dieser
eine Zinserhöhung nicht nur für möglich hält, sondern mit einer
Wahrscheinlichkeit von rund 50% wieder eingepreist hat. Dies genügte,
um die Rendite für zweijährige US-Staatsanleihen, die als guter
Indikator für Zinserwartungen gelten, in die Höhe schießen zu lassen.
Damit weitete sich die Zinsdifferenz zu Bundesanleihen und anderen
Euro-Staatsanleihen aus. Die Folge war der kurzzeitige Kursrutsch des
Euro.
Doch der Kurs stabilisierte sich wieder. Dazu mag beigetragen
haben, dass die Preise in der Eurozone wieder etwas steigen, was
Spekulationen auf eine Ausweitung der EZB-Anleihekäufe dämpfte.
Allerdings wird der Euro-Dollar-Kurs nicht mehr nur von
Zinsdifferenzen zwischen den beiden Währungsräumen bestimmt. Die
Ursache dafür ist das tiefe Zinsniveau in der Eurozone. Das
ermöglicht es global tätigen Investoren, sich günstig in Euro zu
verschulden und das Geld in höher verzinsten Währungen wie dem
US-Dollar oder dem australischen Dollar anzulegen. Auch
Schwellenländer-Währungen werden angesteuert. Da diese Carry Trades -
wie alle Währungsspekulationen - eine riskante Angelegenheit sind,
werden sie in Phasen erhöhter Unsicherheit schnell wieder aufgelöst.
Das erklärt, warum der Euro im Frühsommer in die Höhe schoss, während
Griechenland knapp vor dem Ausstieg aus der Währungsunion stand und
dies Schockwellen durch die Finanzmärkte schickte. Da Märkte gern
historische Korrelationen und weniger den gesunden Menschenverstand
handeln, hat sich das Muster verfestigt: Der Euro steigt in Phasen
erhöhter Unsicherheit, wie sie sich am Volatilitätsindex VIX aus
Chicago festmachen lässt. Über die Risikoeinschätzung überträgt sich
wegen dieser Korrelation die Entwicklung an den Aktienmärkten
unmittelbar auf den Euro-Kurs.
Dies muss die EZB im Blick behalten, falls sie ab Dezember den
Euro weiter schwächen will. Sie wird dabei nur erfolgreich sein
können, wenn zugleich auch die Aktienmärkte steigen. In den
vergangenen Jahren funktionierte dies hervorragend, die Kurse legten
mit jeder Liquiditätswelle in den USA, in Japan oder Europa zu. Doch
es ist fraglich, ob dies auch im Fall von Euro QE2, einer zweiten
Runde der quantitativen Lockerung in der Eurozone, wieder so wäre.
Denn die Erwartungen an die Unternehmen sind hoch, teilweise gar zu
hoch. Das zeigt sich in der gerade laufenden Quartalssaison. Nicht
selten reagieren derzeit Aktien mit zweistelligen Kursverlusten, wenn
Unternehmen die Markterwartungen verfehlen oder ihre Prognose senken.
Eine von Gewinnrevisionen ausgelöste Korrektur der Aktienmärkte würde
eine sinkende Risikobereitschaft signalisieren, der Euro-Kurs dürfte
steigen. Damit wäre das EZB-Ziel der Reflationierung über Abwertung
in Gefahr. Um erfolgreich zu sein, braucht Mario Draghi den Dax.
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