Börsen-Zeitung: Dax reizt sein Potenzial aus, Marktkommentar von Christopher Kalbhenn
Geschrieben am 06-11-2015 |
Frankfurt (ots) - Nach dem sehr guten Abschneiden im Oktober, in
dem der Dax um etwas mehr als 12% gestiegen ist, lässt sich auch der
November für den Aktienmarkt bislang recht ordentlich an. Immerhin
erreichte der deutsche Standardwerteindex zum Wochenschluss erstmals
seit Mitte August wieder die Schwelle von 11000 Zählern. Zuletzt lag
er bei 10988 Punkten, womit er in der ersten Handelswoche 1,3% auf
das prächtige Oktober-Ergebnis draufgelegt hat. Im Vergleich zum Ende
September erreichten Jahrestief von 9325 Zählern hat der Dax damit um
fast 18% zugelegt.
Das ist Wasser auf die Mühlen der Fans von Saisonstatistiken. Denn
tatsächlich beginnt im Herbst sehr oft eine freundliche
Aktienmarktphase, die häufig bis ins Frühjahr reicht. Wie die
Commerzbank am Freitag ausführte, hat der Index im zurückliegenden
Monat seine drittbeste Oktober-Performance seit dem Jahr 1965
erzielt. Der Oktober habe sich mittlerweile zu einem
vielversprechenden Monat für Dax-Investoren entwickelt. Die
durchschnittliche Monatsperformance seit 1965 liegt bei 1,2%, 32 der
51 Oktober-Monate hätten einen Anstieg gebracht, in 14 Fällen habe
der Dax sogar um mehr als 5% zugelegt. Damit beginne im Oktober
häufig der saisonale Rückenwind, der am deutschen Aktienmarkt häufig
bis Ende April blase.
Kein Schnäppchen
Allerdings waren in der gerade abgelaufenen Woche
Ermüdungserscheinungen unübersehbar. Der Dax tat sich mit der Marke
von 11000 Punkten ziemlich schwer. Von Montag bis Donnerstag
unternahm er an jedem einzelnen Tag vergebliche Anläufe auf die
Marke. Jedes Mal ging dem Index oberhalb von 10950 Zählern die Puste
aus.
Mit den starken Kursavancen seit Anfang Oktober hat der
Aktienmarkt zumindest für die nächste Zeit sein Aufwärtspotenzial
weitgehend ausgereizt. Eine Pause ist auch alles andere als
ungewöhnlich, zumal auch die Bewertungen nicht mehr so günstig
aussehen wie noch vor wenigen Wochen. Das Kurs-Gewinn-Verhältnis auf
Basis der Konsensschätzungen für das laufende Jahr liegt bei knapp
14, nicht unbedingt ein Schnäppchen in einem Umfeld, in dem die
Erwartungen für das Wachstum der Weltwirtschaft und die
Unternehmensgewinne den Rückwärtsgang eingelegt haben. Andererseits
geht von der Geldpolitik der EZB Rückenwind aus - und von der
Schwäche des Euro, der am Freitag nach den starken amerikanischen
Arbeitsmarktdaten bei rund 1,07 Dollar den niedrigsten Stand seit dem
April erreichte.
Strategen glauben vor diesem Hintergrund, dass der Aktienmarkt
ohne eine entsprechende Untermauerung auf der fundamentalen Seite
zunächst nur wenig Aufwärtspotenzial hat. Solange die Weltkonjunktur
stabil, die Profitabilität der Unternehmen hoch und die Geldpolitik
expansiv bleibe, sei die erhöhte Bewertung noch kein Problem, hieß es
zum Wochenschluss bei der BayernLB. "Kritisch würde es erst dann
werden, wenn sich im Zuge eines Einbruchs der Weltwirtschaft die
Ertragslage der Unternehmen deutlich verschlechtert oder die
Notenbanken ihre Geldpolitik straffen." Davon geht die Bank aber
nicht aus.
Ein bewertungsunterstützender Faktor sei weiter die Geldpolitik,
von der Konjunktur würden wahrscheinlich jedoch höchstens gedämpft
positive Einflüsse ausgehen. "Daher glauben wir, dass die Bewertungen
nach der jüngsten Erholung mittelfristig nur noch begrenzten
Spielraum nach oben haben." Das Institut erwartet den Dax im Januar
bei 11200 und im April bei 11600 Punkten. Die Helaba prognostiziert
für das erste und das zweite Quartal 2016 jeweils einen Dax-Stand von
11200 Zählern. Mit dem deutlichen Plus der vergangenen Wochen kopple
sich der Dax wieder von den fundamentalen Gegebenheiten ab.
Mittlerweile hätten zwei Drittel der Dax-Mitglieder ihre
Quartalsergebnisse vorgelegt. Mehr als die Hälfte davon (55%) habe
die Erwartungen verfehlt. Auch die Perspektiven für die
Unternehmensgewinne hätten sich weiter eingetrübt. So würden die
Konsensschätzungen für die Nettoergebnisse der Dax-Unternehmen
derzeit mehrheitlich nach unten revidiert. Die Bewertung bewege sich
zwar noch im Normalbereich, nähere sich allerdings dem oberen Rand.
Eine Verbesserung der mittelfristigen Gewinnperspektiven sei somit
dringend geboten, um weitere Kursavancen zu rechtfertigen. "Eine
Verschnaufpause täte Aktien also gut, auch weil Stimmungsindikatoren
wie etwa das kurzfristige Dax-Barometer von Sentix schon wieder in
die Überhitzungszone vorgedrungen sind", so das Institut.
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