Biologikatherapie in Zeiten biologischer Nachahmerprodukte:
Noch kaum Erfahrungswerte zur Behandlung mit Biosimilars (FOTO)
Geschrieben am 06-11-2015 |
Wiesbaden (ots) -
Experten diskutieren qualitätsgesicherte Behandlung chronischer
Entzündungskrankheiten
Biologika leisten einen wichtigen Beitrag dazu, die Lebensqualität
von Patienten mit chronisch-entzündlichen Erkrankungen zu steigern
und Krankheitskosten signifikant zu senken.[1] In diesem Jahr kamen
die ersten biologischen Nachahmerprodukte, sogenannte Biosimilars,
auf den Markt. Im Unterschied zu chemischen Generika sind deren
biotechnologisch hergestellte Wirkstoffe dem Originalprodukt zwar
ähnlich, aber nie mit ihm identisch.[2] Bei einem von AbbVie
unterstützten Workshop im Rahmen der 4. Jahrestagung House of Pharma
& Healthcare in Frankfurt am Main diskutierten namhafte Experten die
Unterschiede zwischen Originalpräparat und Biosimilar und
beleuchteten die derzeitigen Rahmenbedingungen für deren Einsatz in
der Therapie aus unterschiedlichen Perspektiven. Besonderes Augenmerk
legten die Redner dabei auf die Bedeutung der Überwachung der
Wirkungen und Nebenwirkungen im Versorgungsalltag, für die eine
eindeutige Rückverfolgbarkeit des verordneten Medikamentes elementar
sei. Wie schon einige Fachgesellschaften und Patientenorganisationen
zuvor[3,4,5,6], bewerteten die Experten vor Ort die Möglichkeit der
Extrapolation, d.h. die Übertragbarkeit von Indikationen analog dem
Originalprodukt auch ohne eigene Zulassungsstudien in dieser
Indikation, als kritisch. Aufgrund der bislang sehr begrenzten
Erfahrungswerte im Umgang mit Biosimilars, betonte die Vertreterin
der Patientenorganisation die Bedeutung von Registern, in denen alle
Biologika - Original wie Biosimilar - erfasst und dokumentiert werden
sollten.
Der Einsatz von Biologika in der Therapie chronisch-entzündlicher
Erkrankungen hat zu signifikanten Verbesserungen der Symptome
geführt. "Zwar gilt diese innovative Substanzklasse als
kostenintensiv, sie leistet aber einen nicht unerheblichen Beitrag
zur Reduktion von Krankheitskosten", erklärte Prof. Dr. med. Klaus
Krüger, Leiter des Rheumatologischen Praxiszentrums St. Bonifatius in
München. So belegen aktuelle Zahlen, dass es beispielsweise bei
Patienten mit rheumatoider Arthritis seltener zu Frühverrentungen
kommt und die Häufigkeit krankheitsbedingter Arbeitsunfähigkeit
zurückgeht.[7] Ganz abgesehen von der Steigerung der Lebensqualität,
die nicht in Euro zu bemessen sei, wie Prof. Krüger betonte.
Biosimilars und ihre Referenzprodukte - ähnlich, aber nicht gleich
Nach Ablauf des Patentschutzes innovativer Biologika sind nun die
ersten biologischen Nachahmerprodukte, sogenannte Biosimilars, in
Deutschland verfügbar. "Diese sind ihrem Referenzprodukt zwar sehr
ähnlich, aber nie mit ihm identisch, da sie mittels unterschiedlicher
Zelllinien produziert werden", sagte Prof. Dr. med. Raja Atreya vom
Universitätsklinikum Erlangen. Der aus mehr als 5.000 Einzelschritten
bestehende Herstellungsprozess von Biologika reagiert empfindlich,
selbst auf minimale Veränderungen.[8] Um mögliche Nebenwirkungen
frühestmöglich erfassen zu können, fordern Fachgesellschaften und
Patientenorganisationen eine engmaschige Überwachung des Wirk- und
Sicherheitsprofils auch nach Marktzulassung von Biosimilars. Außerdem
seien eindeutige, vom Referenzprodukt unterscheidbare
Wirkstoffbezeichnungen (International Nonproprietary Name; INN)
nötig, um die Nachverfolgbarkeit von Sicherheitssignalen garantieren
zu können.[3,4,5,6] Die Deutsche Rheuma-Liga begrüßt daher die
Aufnahme von Biosimilars in das Beobachtungsregister RABBIT
(Rheumatoide Arthritis - Beobachtung der Biologika-Therapie).
"Allerdings sind erst ganz wenige Patienten, die entweder auf
Biosimilars neu ein- oder umgestellt wurden, darin erfasst",
berichtete Prof. Dr. med. Erika Gromnica-Ihle, Präsidentin der
Rheuma-Liga. "Theoretisch wissen wir also noch nichts über die
Therapie mit Biosimilars in Deutschland in der Praxis."
Diskutiert wird derzeit auch der Aspekt der Extrapolation. Die
European Medicines Agency (EMA) sieht für die Zulassung von
biologischen Nachahmerprodukten ein im Vergleich zum Originalprodukt
reduziertes Studienprogramm vor.[9] Biosimilars müssen in
präklinischen und klinischen Untersuchungen eine hohe Ähnlichkeit mit
dem Original-Biologikum aufweisen in Hinblick auf Qualität,
biologische Aktivität, Sicherheit und Wirksamkeit.[10] Die klinischen
Ergebnisse in einer Indikation können dann in begründeten
Einzelfällen auf andere Indikationen, in denen das Originalpräparat
zugelassen ist, übertragen bzw. extrapoliert werden, ohne dass in
diesen Indikationen zusätzliche Studien durchgeführt werden.[10] "Die
immunologischen Krankheitsbilder sind sehr komplex. Da Biosimilars im
Vergleich zum Referenzprodukt nicht identisch, sondern nur ähnlich
sind, könnten sich andere Molekülstrukturen im Sicherheitsprofil
niederschlagen", sagte Prof. Gromnica-Ihle. Als Grundlage für die
Therapieentscheidung, die in jedem Falle medizinisch begründet sein
solle, müsse daher Transparenz darüber herrschen, in welchen
Indikationen biologische Nachahmerprodukte wirklich getestet wurden.
Die Gebrauchsinformation eines Biosimilars ist allerdings identisch
zu der des Originals.
Ärzte fordern spezielle Sicherheitsdatenbanken für Biosimilars
Angesichts der wenigen Erfahrungswerte mit dem Einsatz von
Biosimilars offenbaren sich auf Seiten der Ärzte noch Unsicherheiten
im klinischen Alltag. Bei einer Befragung von 272 Spezialisten für
chronisch-entzündliche Darmerkrankungen (CED) forderten 56 Prozent
zusätzliche Studien zum Einsatz von Biosimilars bei entsprechenden
CED-Indikationen, 80 Prozent wollen spezielle
Sicherheitsdatenbanken[11] Darüber hinaus fordert die Deutsche
Rheuma-Liga, dass ein Therapiewechsel zwischen Referenzprodukt und
biologischem Nachahmerprodukt ausschließlich aus medizinischen
Gründen erfolgen solle.[3] In diesen Punkten stimmt die 2014
publizierte Stellungnahme der Rheuma-Liga mit den Positionspapieren
weiterer Patientenorganisationen überein - wie der European Crohn's
and Colitis Organization (ECCO)[5] und der Deutschen Morbus
Crohn/Colitis ulcerosa Vereinigung (DCCV)[6] - sowie der Deutschen
Gesellschaft für Rheumatologie (DGRh) als medizinische
Fachgesellschaft.[4]
Weitere Informationen unter: www.biologika-info.de
Quellen
1 Kostenevaluation von Arzneimitteln: internationale Standards der
Gesundheitsökonomie und derzeitige deutsche Praxis. Studie für den
Verband Forschender Arzneimittelhersteller e.V.:
www.vfa.de/.../schoenermark-kostenevaluation-von-arzneimitteln.pdf
2 ICH Q5E Comparability of Biotechnological/Biological Products
Subject to Changes in Their Manufacturing Process.
3 Positionierung der Deutschen Rheuma-Liga Bundesverband e.V. zur
Einführung von Biosimilars in Deutschland:
https://www.rheuma-liga.de/stellungnahmen/
4 Lorenz et al. Z Rheumatol 2014, 73: 784-786.
5 Danese S et al. Journal of Crohn's and Colitis (2013) 7, 586-589.
6 Positionspapier Biosimilars der DCCV e.V.: http://ots.de/jJDOf
7 Rheuma Management Jan/Feb 2015, S. 20.
8 Schiestl M et al, Acceptable changes in quality attributes of
glycosylated biopharmaceuticals, Nature Biotechnology 29, Pages:
310-312, zuletzt abgerufen unter
http://www.nature.com/nbt/journal/v29/n4/abs/nbt.1839.html am
24.09.2014.
9 EuropaBio. Guide to Biologic Medicines: A Focus on Biosimilar
Medicines.
10 European Medicines Agency. Committee for Medicinal Products for
Human Use (CHMP). Guideline on Similar Biological Medicinal Products
Containing Biotechnology-Derived Proteins as Active Substance:
Non-Clinical and Clinical Issues. EMEA/CHMP/BMWP/42832/2005.
11 ECCO 2015, Danese et al. DOPO78.
Über AbbVie
AbbVie (NYSE:ABBV) ist ein globales, forschendes
BioPharma-Unternehmen. Mission von AbbVie ist es, mit seiner
Expertise, seinem einzigartigen Innovationsansatz und seinen
engagierten Mitarbeitern neuartige Therapien für einige der
komplexesten und schwerwiegendsten Krankheiten der Welt zu entwickeln
und bereitzustellen. Zusammen mit seiner hundertprozentigen
Tochtergesellschaft Pharmacyclics beschäftigt AbbVie weltweit mehr
als 28.000 Mitarbeiter und vertreibt Medikamente in mehr als 170
Ländern. In Deutschland ist AbbVie an seinem Hauptsitz in Wiesbaden
und seinem Forschungs- und Produktionsstandort in Ludwigshafen
vertreten. Insgesamt beschäftigt AbbVie Deutschland rund 2.400
Mitarbeiter. Weitere Informationen zum Unternehmen finden Sie unter
www.abbvie.com und www.abbvie.de. Folgen Sie @AbbVie auf Twitter oder
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Websites:
www.biologika-info.de
www.chronisch-umdenken.de
Pressekontakt:
AbbVie Deutschland GmbH & Co. KG
Christine Blindzellner
Mainzer Str. 81
65189 Wiesbaden
T.: +49 611 1720 - 3583
F.: +49 611 1720 - 493583
E-Mail: christine.blindzellner@abbvie.com
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