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Ulmer Doping-Prozess: Sportarzt hatte offenbar direkten Kontakt zu Kaderathleten / Angeklagter Arzt zur Betreuung von Ruder-Junioren-Nationalmannschaft bei WM eingesetzt / NADA hat sich eingeschaltet

Geschrieben am 19-11-2015

Mainz/München (ots) - Rund um den Doping-Prozess gegen einen
ehemaligen Sportarzt des Uniklinikums Ulm kommen neue Details ans
Licht. Nach Recherchen der "ARD-Recherche-Redaktion Sport" hatte der
angeklagte Mediziner direkten Kontakt zu deutschen
Bundeskaderathleten. Dabei hatte er bisher über seine Anwälte
ausrichten lassen, dass er im Rahmen seiner Tätigkeit an der
Uniklinik niemals an der Behandlung von Spitzensportlern beteiligt
gewesen war. Doch er wurde bei der Ruder-Junioren-Weltmeisterschaft
2014 in Hamburg für die unmittelbare Wettkampfvorbereitung und
Betreuung der U19-Nationalmannschaft eingesetzt, wie der Deutsche
Ruderverband (DRV) auf Anfrage mitteilt. Gleichzeitig gibt der DRV
aber an, dass ihm derzeit keine Hinweise vorliegen, dass es dabei zu
Verstößen gegen die Anti-Doping-Bestimmungen gekommen sein könnte.

Auch die Nationale-Anti-Doping-Agentur (NADA) hat sich nach
Informationen der "ARD-Recherche-Redaktion Sport" in den Fall
eingeschaltet. Die NADA gibt an, in dem Verfahren auf den Bezug zur
Betreuung von deutschen Leistungssportlern auch im Bereich der
Leichtathletik hingewiesen zu haben. Um die Ermittlungen entsprechend
zu erweitern, habe die NADA die zuständige Staatsanwaltschaft in
München auch auf den Hintergrund des Arztes aufmerksam gemacht: Bevor
der Mediziner an der Uniklinik Ulm in die sportmedizinische
Untersuchungsstelle des Deutschen Olympischen Sportbundes (DOSB)
eingebunden wurde, war er an der Sporthochschule Köln in der
Doping-Forschung aktiv.

In dem derzeitigen Verfahren am Landgericht Memmingen wird dem
39-Jährigen vorgeworfen, Dopingmittel hergestellt, in Verkehr
gebracht und verwendet zu haben. Nachdem sich der Angeklagte im Laufe
der Verhandlungen zunächst nicht äußern wollte, wies er schließlich
die Vorwürfe zurück und gab an, Dopingmittel lediglich zum
Eigenbedarf und gegen Bluthochdruck bezogen und in seiner Wohnung
hergestellt zu haben. Außerdem ließ er über seinen Anwalt mitteilen,
dass er niemals deutschen Spitzensportlern Dopingmittel angeboten
oder verabreicht habe.

Wie Recherchen des Bayerischen Rundfunks bereits ergeben haben,
gehörte der Mediziner in der Abteilung Sportmedizin der Uniklinik Ulm
einem Ärzte-Team an, das deutsche Bundeskaderathleten im Rudern,
Fechten und Kanu betreute. Weder der Deutsche Fechter-Bund (DFB) noch
der Deutsche Kanu-Verband (DKV) können derzeit Auskunft darüber
geben, ob - und wenn ja, inwiefern - der Arzt Kontakt zu ihren
Athleten hatte. Der Kanu-Verband erwartet aber eine vollständige
Aufklärung darüber von der Uniklinik Ulm. Die Uniklinik will sich
genauso wie der DOSB mit Verweis auf das laufende Verfahren derzeit
nicht zu dem Fall äußern. Aus dem Deutschen Leichtathletik-Verband
(DLV) heißt es: "Nach Auskunft der Abteilung Leistungssport ist uns
der Arzt (...) nicht bekannt. Uns liegen keine Erkenntnisse vor, dass
ein Arzt mit diesem Namen mit von uns betreuten Athleten/innen
zusammenarbeitet."

Die Verhandlung soll heute, 19.11.15, um 9.30 Uhr fortgesetzt
werden. Wann es zu einem Urteil kommen könnte, ist unklar.

Zitate gegen Quellenangabe "ARD-Recherche-Redaktion Sport" frei.
Pressekontakt: Wolf-Günther Gerlach, Tel. 06131 929-33293,
wolf-guenther.gerlach@swr.de


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