Börsen-Zeitung: Zwei Blaupausen, Kommentar zu RWE von Andreas Heitker
Geschrieben am 01-12-2015 |
Frankfurt (ots) - Nahezu auf den Tag genau ein Jahr nachdem Eon
die Aufspaltung verkündet hat, zieht Konkurrent RWE nach. Auch wenn
Vorstandschef Peter Terium es entrüstet von sich weist, dass hier
Blaupausen vom Wettbewerber kopiert werden, so sind doch zumindest
die Marktanalysen in beiden Häusern deckungsgleich: Das
konventionelle Kraftwerksgeschäft und der dazu gehörende
Energiehandel passen nicht mehr zu erneuerbaren Energien, zum
Vertriebs- und Netzgeschäft.
Beide Teilgeschäfte bilden mittlerweile völlig unterschiedliche
Märkte mit unterschiedlichen Wachstumsoptionen, die unterschiedliche
Strategien erfordern und unterschiedliche Investoren anziehen. Ebenso
wie Eon sortiert RWE die Geschäfte nun nach diesen beiden
Energiewelten. Nur spalten die Essener die Teile nicht komplett
voneinander ab, wie es Eon plant, sondern gliedert Wachstumsgeschäfte
aus und öffnet sie für Investoren.
So schafft sich RWE einen neuen Zugang zu Kapital für
Wachstumsinvestitionen, das in jüngster Zeit so bitter gefehlt hat.
Und mit dieser Konstruktion vermeidet der Konzern zugleich den Fehler
von Eon, öffentlich den Eindruck zu erwecken, Verantwortung und
Kosten für den Atomausstieg über eine Bad Bank den Steuerzahlern
aufdrücken zu wollen.
RWE hat sich mit dieser Neuorganisation lange gequält, was an den
Märkten in den vergangenen Monaten immer wieder für Verunsicherungen
sorgte. Im August wurde schließlich eine unausgegorene Strukturreform
verkündet, die niemanden so recht zufriedengestellt hat. Natürlich
waren die Bündelung der vielen deutschen Töchter und die schlankeren
Entscheidungswege richtige Schritte. Doch jedem Investor war bewusst,
dass dies nicht alles gewesen sein konnte. Und innerhalb des Konzerns
war zugleich völlig unklar, wie die groß verkündeten neuen
Steuerungsmodelle in der Praxis überhaupt aussehen sollten.
Ob die Düsseldorfer oder die Essener Blaupause langfristig
erfolgreicher sein wird, ist längst noch nicht entschieden. Erstmals
seit langer Zeit sieht es aber so aus, als habe RWE nun eine Antwort
auf die Herausforderungen der Energiewende gefunden und das Heft des
Handelns wieder in der Hand.
Eines ist aber auch klar: Der Name Eon steht künftig für die
Zukunftsgeschäfte rund um Erneuerbare, Netz und Vertrieb. Mit dem
Namen RWE wird man dagegen das Zeitalter der Großkraftwerke und damit
die Vergangenheit assoziieren. Zukunft wird bei RWE künftig einen
neuen Namen tragen.
Pressekontakt:
Börsen-Zeitung
Redaktion
Telefon: 069--2732-0
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