Schwäbische Zeitung: Selbstkritische Bahn - Leitartikel zur Deutschen Bahn
Geschrieben am 02-12-2015 |
Ravensburg (ots) - Die Bahn steht vor der größten Umstrukturierung
seit der Bahnreform vor mehr als 20 Jahren. Da schrillen einerseits
laut die Alarmglocken. Denn viele der langfristig angelegten
Strategien sind nicht aufgegangen. So rutscht der Konzern nach
gewinnträchtigen Jahren wieder in die Verlustzone und ist zudem hoch
verschuldet. Deshalb vollzieht Bahnchef Rüdiger Grube nun eine
Kehrtwende, schmeißt Manager raus und stellt den Konzern auf den
Kopf.
Grube muss sich eine Mitverantwortung an der misslichen Lage
zuschreiben lassen. Er kann zwar weder etwas für die Finanzkrise und
deren Folgen, für das Versagen der Industrie in puncto Technik, für
Streiks, Hochwasser oder den Erfolg der Fernbusse im Wettbewerb um
Reisende. Doch hat er sich wohl allzusehr auf die Einschätzungen
seines Spitzenpersonals über die Marktentwicklungen verlassen. Und
sein Versprechen, mehr für die Qualität und den Service rund um den
Zugverkehr zu bieten, wurde bislang auch nicht ausreichend eingelöst.
Im Gegensatz zu anderen Wirtschaftsführern, vor allem aber
gegenüber seinen Vorgängern, zeichnet Grube die Fähigkeit zur
Selbstkritik aus. Denn der anstehende Umbau ist ein Eingeständnis für
von ihm zu verantwortende Fehler. Nun will er den Karren mit aller
Macht wieder auf sicheres Terrain ziehen. Der nun eingeschlagene Weg
verspricht Hoffnung, wird aber steinig sein. Hoffen lässt er, weil
die Bahn wie jedes Unternehmen auf Dauer nur mit Qualität Kunden
gewinnen kann. Genau dies steht jetzt ganz oben auf der Agenda.
Vorbei sind die Zeiten, in denen die Provinzen vom Verkehr
abgekoppelt wurden. Nun sollen die Züge nach und nach auch abseits
der Metropolen wieder Station machen.
Steinig wird der Weg, weil immense Investitionen finanziert werden
müssen, um alle Versäumnisse nachzuholen. Immerhin erweist sich mit
dem damals umstrittenen Kauf der Auslandstochter Arriva eine
Entscheidung als richtig. Der Verkauf eines Teils der Anteile könnte
die finanzielle Last mildern und dem Konzern auf dem Wege helfen.
Pressekontakt:
Schwäbische Zeitung
Redaktion
Telefon: 0751/2955 1500
redaktion@schwaebische-zeitung.de
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