Folgen des Zinsanstiegs in den USA werden viele Anleger falsch einschätzen
Geschrieben am 17-12-2015 |
Berlin (ots) - 17. Dezember 2015 - Nach der ersten
Leitzins-Erhöhung durch die US-Notenbank Fed seit 2006 müssen sich
auch deutsche Anleger mit den Risiken steigender Kapitalmarktzinsen
auseinandersetzen. Das ist das Ergebnis der Auswertung der
Kapitalmarktausblicke großer Banken und Fondsgesellschaften durch das
Wirtschaftsmagazin 'Capital' (Ausgabe 1/2016). Die von 'Capital'
befragten Anlage-Experten warnen, dass nach mehr als drei Jahrzehnten
mit fallenden oder extrem niedrigen Zinsen viele Anleger die Risiken
steigender Zinsen falsch einschätzen würden.
"Bei dem aktuell extrem niedrigen Rendite-Niveau von
Bundesanleihen können Kursverluste aufgrund steigender Zinsen rasch
den Zinsertrag mehrerer Jahre übersteigen",warnt etwa Thomas Meier,
Fondsmanager der Fondsboutique Mainfirst. Die Experten der
niederländischen Großbank Robeco sagen für Bundesanleihen in den
kommenden fünf Jahren Verluste von drei Prozent pro Jahr voraus.
"Viel Ärger für wenig Rendite", urteilt auch der Chefanlagestratege
der Deutschen Bank, Dr. Ulrich Stephan. Die Experten von Sal.
Oppenheim rechnen für 2016 mit Gesamtverlusten von rund zwei Prozent
mit zehnjährigen Bundesanleihen. Das sei eine schlechte Nachricht,
denn das Dilemma des Anleihen-Investors werde 2016 "ein Zinsanstieg
sein, der zwar stark genug ist, um sich negativ auf die
Kursentwicklung von Renten auszuwirken, aber zu schwach, um wieder zu
attraktiven Renditen zu führen", so Lars Edler, Leiter
Investmentstrategie der Privatbank.
Die Rendite von Anleihen gilt als Dreh- und Angelpunkt für die
Kapitalmärkte weltweit: Je niedriger die Zinsen, desto höhere
Bewertungen billigt man auch Aktien zu und umgekehrt. Steigende
Zinsen gingen in der Vergangenheit nicht nur mit Kursverlusten bei
Anleihen einher. Sie entpuppten sich auch als Belastung für Aktien,
da professionelle Anleger bei steigenden Zinsen Investitionen von
Aktien in neue Anleihen umschichten. Hinzu kommen die ohnehin extrem
hohen Unternehmensbewertungen, die sich in den vergangenen vier
Jahren von der Entwicklung der Unternehmensgewinne weitgehend
abgekoppelt hatten.
Zwischen den Erwartungen der Anleger und den Prognosen der
Finanzdienstleister klafft zudem eine Lücke: Gaben noch im Oktober im
Zuge einer Umfrage von Goldman Sachs Asset Management zwei Drittel
aller deutschen Privatanleger an, sie rechneten nicht binnen drei bis
fünf Jahren mit wieder steigenden Zinsen, erwartet umgekehrt das Gros
der Banken eine Zinswende auch bei Bundesanleihen: Aktuell rentieren
zehnjährige Bundesanleihen mit rund 0,5 Prozent pro Jahr. Zum
Jahresende 2016 rechnen Banken durchschnittlich mit einer Rendite von
1,1 Prozent, wie aus den von der Nachrichtenagentur Reuters
ermittelten Prognosen hervor geht. Potenzial für weiter sinkende
Zinsen sieht trotz der jüngsten Verlängerung des
Anleihenaufkauf-Programms der Europäischen Zentralbank bis März 2017
kein einziges der von der Nachrichtenagentur Reuters befragten
Institute.
Pressekontakt:
Christian Kirchner, 'Capital'-Korrespondent Frankfurt,
Telefon 069/793007-514 / Mobil 0179/455 44 65
E-Mail: kirchner.christian@capital.de / www.capital.de
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