Börsen-Zeitung: Instabiles Stabilitätsgesetz, Kommentar zu Italien von Thesy Kness-Bastaroli
Geschrieben am 23-12-2015 |
Frankfurt (ots) - Kurz vor Weihnachten hat das Mitte Oktober von
der italienischen Regierung verabschiedete Stabilitätsgesetz doch
noch die parlamentarische Hürde geschafft. Das wäre positiv zu
werten, würde tatsächlich das drinstecken, was draufsteht:
Stabilität. Das aber ist nicht der Fall. Es geht dem Gesetzgeber nur
um immer neue Wachstumsanreize. Der Schuldenabbau dagegen kommt zu
kurz. Der Haushaltsentwurf 2016 sieht jetzt eine Neuverschuldung von
2,6% des Bruttoinlandprodukts (BIP) vor. Ursprünglich waren 2,4%
angesetzt. Italiens Mehrausgaben für Flüchtlinge und die Sicherheit
sowie die Kosten für Reformen müsse Brüssel anerkennen, argumentiert
die Regierung Renzi. Der Bilanzausgleich wird auf 2018 verschoben.
Einzig der ab 2016 einzuleitende Schuldenabbau wird beibehalten. Das
ist auch nötig, rangiert Italien mit einer Verschuldung von rund 133%
des BIP doch direkt hinter Griechenland an zweiter Stelle im
Euroraum.
Wirtschaftsvertreter lobten das Stabilitätsgesetz gleichwohl als
Schritt in die richtige Richtung. Zweifellos benötigt Italien nach
einer fast vierjährigen Rezession auch mehr Wachstum. Dieses dürfte
2015 mit 0,8% aber geringer ausgefallen sein als ursprünglich
erwartet. Zugleich keimt derzeit neue Hoffnung, dass sich die
Konjunkturlage bessert. Von einem Wachstumsschub ist die Rede. 2016
soll die Wirtschaft um 1,5% zulegen, wird prognostiziert. Vor diesem
Hintergrund stellt sich die Frage, ob die im Stabilitätsgesetz
enthaltenen Maßnahmen dann tatsächlich die richtige Mischung sind, um
eine nachhaltige Erholung in Gang zu setzen. Oder verpuffen diese nur
angesichts der anhaltend hohen Arbeitslosenquote von über 12%, weil
sich die strukturelle Wachstumsbasis durch die Maßnahmen eben nicht
verbessert?
Dem "Stabilitätsgesetz" fehlt es offensichtlich am
Stabilitätsrahmen. Denn von den Budgetmaßnahmen in Höhe von 35,4 Mrd.
Euro wird knapp die Hälfte für die Verschiebung der bereits
avisierten Mehrwertsteuer-Erhöhung aufgewendet werden. Spätestens
2018 muss Rom dann aber weitere 15 bis 20 Mrd Euro auftreiben. Rund 5
Mrd. Euro werden zudem hergenommen, um die Abschaffung der
Immobiliensteuer für Erstwohnungen zu finanzieren. Dadurch soll der
private Konsum angeheizt werden. Auch die Rentner bekommen etwas
davon ab, ebenso Süditalien sowie die unteren Einkommensschichten.
Demgegenüber werden auf der Ausgabenseite nur 8 Mrd. Euro durch
Ausgabenkürzungen eingespart. Eine Unwucht, die eher weniger
Stabilität nach sich zieht.
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