Westfalen-Blatt: Das WESTFALEN-BLATT (Bielefeld) zu Weihnachten
Geschrieben am 23-12-2015 |
Bielefeld (ots) - Wir alle haben das Bild noch genau vor Augen.
Ein kleiner syrischer Junge liegt tot am Strand, das Gesicht teils
mit Wasser bedeckt. Sein Körper ist nur bekleidet mit einem roten
T-Shirt und einer kurzen blauen Hose.
Ailan war an einen Strand im Süden der Türkei gespült worden. Ein
junger Polizist nimmt die Leiche in seine Arme und trägt sie davon.
Das Foto ist das Symbol für das Flüchtlingsdrama und das Sterben
hunderttausender Menschen im Mittelmeer.
Es ist Weihnachten, und in diesem Jahr hat die
Weihnachtsgeschichte ganz unmittelbar und sehr viel mit uns zu tun.
Millionen von Menschen sind auf der Flucht. Sie brauchen unsere
Hilfe. Das muss nicht immer die unmittelbare Hilfe sein. Zum
Beispiel, ihnen ein Dach über dem Kopf, Kleidung oder Essen zu geben.
Manchmal reicht schon die Solidarität und die Aufrichtigkeit.
Manchmal reicht schon ein einziger Satz: Ihr seid uns nicht egal!
Das Leiden der Männer, Frauen und Kinder darf uns eben nicht
gleichgültig sein. Es darf uns nicht kalt lassen, dass diese Menschen
aus lauter Verzweiflung ihr Leben riskieren. Es ist reiner Zufall,
dass wir hier aufgewachsen sind und nicht etwa in den Kriegsgebieten
dieser Welt leben. Somit haben wir kein Recht so zu tun, als gehöre
dieser friedliche Teil der Erde uns ganz alleine.
Migration und Wanderungen von Menschen und Völkern gibt es schon,
so lange die Menschheit existiert. Das ist ein Phänomen, mit dem wir
leben müssen. Das Problem lässt sich aber nicht wegzaubern, in dem
wir Mauern hochziehen oder die Flüchtlinge als Sozialschmarotzer oder
Kriminelle abstempeln.
Die ältere Generation, die heute 70 Jahre und älter ist, kennt oft
selbst die Flucht und weiß, wie traumatisierend diese Situation
sein kann. Dass unsere Väter und Großväter, Mütter und Großmütter
selbst Hilfe benötigten, um überleben zu können, daran sollten und
müssen wir uns erinnern. Nach einer repräsentativen Studie
engagieren sich in Deutschland mehr als zehn Prozent der Bürger für
Flüchtlinge. Sie leisten Großartiges. Sie sind Menschen des Jahres
2015!
Auch die berechtigten Sorgen der Bevölkerung angesichts der
vielen Flüchtlinge gehören zur Situation dazu. Angst vor einem
wachsenden Rechtsextremismus, Schwierigkeiten bei der Suche nach
bezahlbaren Wohnungen, staatliche Einsparungen, aber auch Bedenken
wegen einer möglichen Zunahme der Kriminalität. Diese Sorgen dürfen,
sie müssen sogar angesprochen werden. Ängste ernst zu nehmen, heißt
aber nicht, ihnen zu folgen, wie Bundespräsident Joachim Gauck völlig
zu recht sagt. Es ist wieder die Zeit, die Herzen zu öffnen und
Mensch zu sein. Gerade an Weihnachten, aber hoffentlich nicht nur
dann.
Auch Jesus war ein Flüchtling. Die christlich-jüdische Geschichte
ist eine Geschichte von Flucht und Migration. Wie wir in der Bibel,
Matthäus 2, 13 bis 15, lesen können, benötigten Jesus und seine
Familie selber Hilfe. So wie der kleine Junge am Strand, der sie
nicht bekam. Auf einem Foto ist zu sehen, wie der Polizeibeamte den
Kopf zur Seite dreht, so als wolle er dem traurigen Anblick der
Kinderleiche entgehen. Wenn dieses Bild nicht dafür sorgt, die Welt
zu verändern, wenn dieses Bild nur eine Momentaufnahme des Mitleids
war, haben wir alle versagt.
So heißt es im Evangelium nach Matthäus:
»Denn ich bin hungrig gewesen,
und ihr habt mir zu essen gegeben. Ich bin durstig gewesen, und
ihr habt mir zu trinken gegeben. Ich bin ein Fremder gewesen, und ihr
habt mich aufgenommen. Ich bin nackt gewesen, und ihr habt mich
gekleidet. Ich bin krank gewesen, und ihr habt mich besucht. Ich bin
im Gefängnis gewesen, und ihr seid zu mir gekommen. Wahrlich, ich
sage Euch: Was ihr getan habt einem von diesen meinen geringsten
Brüdern, das habt Ihr mir getan.«
Frohe Weihnachten!
Pressekontakt:
Westfalen-Blatt
Chef vom Dienst Nachrichten
Andreas Kolesch
Telefon: 0521 - 585261
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