Börsen-Zeitung: Unzureichend, Kommentar zu Frankreich von Gesche Wüpper
Geschrieben am 29-12-2015 |
Frankfurt (ots) - Es war ein Annus horribilis für Frankreich. Ein
Jahr, das mit Attentaten in Paris begann und wieder mit
Terroranschlägen in der französischen Hauptstadt endete. Das zu Ende
gehende Jahr sei ein schlechtes Jahr für ihr Land gewesen, urteilen
denn auch 81% der Franzosen. Doch 2016 dürfte für die zweitgrößte
Volkswirtschaft der Eurozone zu einem neuen Problemjahr werden. Denn
mit einer substanziellen Verbesserung ihrer wirtschaftlichen
Schwierigkeiten ist auch im neuen Jahr nicht zu rechnen.
Die Ratingagentur Standard & Poor's hat die "AA"-Bonitätsnote für
das Land schon seit über einem Jahr mit einem negativen Ausblick
versehen. Die Entscheidung, das Rating zu senken oder den Ausblick
anzuheben, könnte Ende April oder Ende Oktober fallen. Präsident
François Hollande steht deshalb 2016 vor einer Reihe von
Herausforderungen. Denn das Wirtschaftswachstum dürfte zwar an Fahrt
aufnehmen, aber nicht ausreichen, um die hohe Arbeitslosigkeit wie
von ihm versprochen signifikant zu senken. Ökonomen erwarten im
Schnitt, dass die französische Wirtschaft im kommenden Jahr 1,4%
zulegt. Die Arbeitslosenquote, die zuletzt ohne die
Übersee-Départements 10,2% betrug, dürfte deshalb nach Ansicht
mehrerer Wirtschaftsforschungsinstitute 2016 auf dem Niveau von Ende
2015 stagnieren. Auch beim Abbau der hohen Staatsverschuldung und des
Handelsbilanzdefizits sind nur leichte Fortschritte zu erwarten.
Die sozialistische Regierung Hollandes hat versprochen, das
Haushaltsdefizit nächstes Jahr auf 3,3% der Wirtschaftsleistung zu
senken. Die entscheidende Frage wird jedoch sein, ob Frankreich 2017
tatsächlich wieder die Maastrichter Defizitgrenze von 3% einhalten
wird - oder ob die Präsidentschaftswahl im übernächsten Jahr und die
anhaltend hohe Gefahr von Terroranschlägen vor allem während der
Fußball-Europameisterschaft im Juni und Juli als Entschuldigung
herhalten müssen, wenn dies nicht gelingt.
Spätestens wenn nach der Sommerpause der Wahlkampf für die
Präsidentschaftswahl 2017 in die heiße Phase geht, droht Frankreich
die wirtschaftspolitische Lähmung. Tiefgreifende Reformen sind in dem
Übergangsjahr 2016 deshalb keine mehr zu erwarten. Dabei hätte
Frankreich gerade die dringend nötig, wenn es langfristig nicht in
der wirtschaftlichen Bedeutungslosigkeit versinken will. Doch
stattdessen dürfte sich die sozialistische Regierung auch nächstes
Jahr wieder nur mit Trippelschrittchen in die richtige Richtung
begnügen.
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