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Weser-Kurier: Über den Beluga-Prozess in Bremen schreibt Philipp Jaklin:

Geschrieben am 20-01-2016

Bremen (ots) - Mit stoischem Gesichtsausdruck verfolgte Niels
Stolberg am Mittwoch den Auftakt des Beluga-Prozesses. Fast
zweieinhalb Stunden, in denen die Staatsanwälte die Vorwürfe gegen
ihn und die Mitangeklagten so detailliert vortrugen, das manchem
hinterher der Kopf schwirrte vor lauter Zahlen und Geschäftsdaten aus
Stolbergs ehemaliger Reederei. Von immer wieder neu aufgesetzten
Scheinrechnungen war da die Rede, aufgeblähten Bilanzen, erfundenen
Aufträgen, einem Geflecht von Lügen und Betrügereien, derer er
verdächtigt wird. Eines wurde am ersten Verhandlungstag sehr klar:
Die Ankläger wollen Stolberg nachweisen, mit Erfindungsreichtum und
System betrogen zu haben. Seine Verteidiger dagegen dürften bemüht
sein, das Bild eines überambitionierten Unternehmers zu zeichnen, den
zu schnelle Expansion und eine dramatische Branchenkrise in die Enge
trieben. Dem so manches entglitt. Fehler will Stolberg vor Gericht
zugeben, Vorwürfe einräumen. Gleichzeitig hat er schon bestritten,
sich persönlich bereichert zu haben. Die Frage des Motivs wäre im
Fall einer Verurteilung wichtig für das Strafmaß. Vor allem kommt es
natürlich darauf an, welche Anklagepunkte im weiteren Verfahren
Bestand haben. Dass seit der Beluga-Pleite vor bald fünf Jahren so
viel Zeit vergangen ist, zeigt, wie schwer sich die
Staatsanwaltschaft mit dem komplizierten Fall getan hat. Mehr als 10
000 Seiten Ermittlungsakten, 875 Seiten Anklageschrift, da lässt sich
leicht der Überblick verlieren. Stolbergs Anwälte werden
Schwachpunkte zielgenau ins Visier nehmen. Auch dies lässt sich schon
heute sagen: Selbst wenn das Gericht am Ende nur den kleineren Teil
der Vorwürfe als erwiesen betrachtet, stellen sich weitere Fragen.
Etwa, warum es den vom Finanzinvestor Oaktree beauftragten
Wirtschaftsprüfern 2010 entgangen sein kann, dass Stolberg mutmaßlich
Scheingeschäfte mit Briefkastenfirmen betrieb. Das ist nur eine der
Ungereimtheiten des Falls. Ansonsten gilt für Niels Stolberg bis auf
weiteres die Unschuldsvermutung - auch während seines Prozesses.



Pressekontakt:
Weser-Kurier
Produzierender Chefredakteur
Telefon: +49(0)421 3671 3200
chefredaktion@Weser-Kurier.de


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