Börsen-Zeitung: Fed wird wieder vorsichtig, Marktkommentar von Kai Johannsen
Geschrieben am 29-01-2016 |
Frankfurt (ots) - Es hat ja nun niemand ernsthaft erwartet, dass
die Fed nach ihrer ersten Zinsanhebung seit fast einer Dekade im
Dezember gleich einen Monat später erneut die geldpolitischen Zügel
strafft. Das war schon allein wegen des turbulenten Jahresauftakts an
den internationalen Finanz- und Rohstoffmärkten nicht zu erwarten.
Genauso wenig, wie irgendjemand von einer Zinsanpassung nach oben
ausgegangen ist, hat auch niemand erwartet, dass die US-Notenbank
wegen der Turbulenzen an den Märkten oder der schwachen China-Daten,
die einige Börsenbeben ausgelöst haben, nun den Zinsschritt einen
Monat später wieder rückgängig macht. Ziemlich einhellig ist man im
Markt davon ausgegangen, dass Fed-Chefin Janet Yellen und ihre
Zentralbankkollegen erst mal Kurs halten.
Erklärung angepasst
Aber Kurs halten beinhaltet eben gerade, sich vom selbigen nicht
gleich wieder abbringen zu lassen. Zwar hat die Fed die Leitzinsen
unverändert gelassen und damit auch die Markterwartungen erfüllt,
aber sie hat sich von den Entwicklungen an den Märkten, die ja nicht
gerade neu für die Fed-Verantwortlichen sind, gleich wieder dazu
nötigen lassen, die Begleiterklärung zum Zinsentscheid entsprechend
anzupassen.
In ihrem Statement hat Yellen den Passus gestrichen, dass die
Risiken für den Konjunkturausblick ausgeglichen sind. Stattdessen
wollen die Notenbanker nun die globale Konjunktur und die
Entwicklungen an den Finanzmärkten genau beobachten und dann auch
abschätzen, welche Implikationen diese Entwicklungen für den
Arbeitsmarkt und die Inflation in den USA haben. Etwas zynisch könnte
man sich fragen, ob Yellen & Co genau das ansonsten nicht gemacht
hätten. Doch, hätten sie. Von daher wäre eine im Wortlaut
unveränderte Erklärung auch eine Alternative gewesen. Schließlich
weiß jeder am Markt - oder sollte es zumindest -, dass die Fed seit
dem Börsenbeben in China im Sommer 2015 auch diesen Aspekt und die
Auswirkungen desselben für die Weltkonjunktur und die US-Wirtschaft
sehr genau im Blick hat. Das wurde schon mehrfach betont.
Aber vielleicht wollten die US-Zentralbanker nun auch schon wieder
eine neue Botschaft in den Markt senden, was unter Nachhaltigkeits-
und Glaubwürdigkeitsaspekten nur einen Monat nach dem Zinsschritt
nicht unbedingt der klügste Schachzug gewesen sein dürfte. Am Markt
wurde die veränderte Erklärung so aufgefasst, dass die nächste
Erhöhung im März zwar nicht vollkommen vom Tisch ist, aber zumindest
sehr unwahrscheinlich geworden ist. Die Fed wird ihren
Straffungszyklus sehr viel langsamer angehen, als sie das noch im
Dezember vermittelt hat. Etwas deutlicher könnte man auch sagen, dass
die Fed bei ihrem Straffungszyklus wahrscheinlich nicht weit von der
Nulllinie wegkommt, wie es etwa Andrew Bosomworth, Deutschland-Chef
von Pimco, im Interview dieser Zeitung formuliert.
In der Tat spricht das Umfeld nicht gerade dafür, dass die Fed ihr
Szenario von Dezember weiterhin so vorfinden wird. Yellens Kollegen
in Japan haben die Zinsen nun ebenfalls in den roten Bereich
befördert und sind damit in den Club der "Negativzinsler" unter den
Währungshütern aufgenommen worden. Aber auch vor der eigenen Haustür
findet Frau Yellen ein Umfeld vor, das nicht für schnelle
Zinsanhebungen spricht. US-Konjunkturindikatoren sind bereits auf
mehrjährigen Tiefs. In dieser Woche deuteten auch die
US-Auftragseingänge für langlebige Güter an, wo die Reise hingeht.
Sie wiesen für Dezember einen Rückgang um 5,1% aus. Das war deutlich
mehr, als mit einem Minus von 0,7% erwartet worden ist. Außerdem war
es der stärkste Einbruch seit August 2014.
Auch die Unternehmensgewinne sind auf dem absteigenden Ast. Das
spricht ebenfalls nicht gerade für eine deutliche Aufhellung der
Investitionstätigkeit. Im Gegenteil spricht tatsächlich viel dafür,
dass sich die Fed damit nicht weit von der Nulllinie wegbewegen kann.
Die Marktreaktion auf das veränderte Statement war deswegen
eindeutig: Am US-Bondmarkt fielen die Renditen.
Wenn es weniger Aufwärtsdruck bei den US-Leitzinsen und damit auch
am Treasury-Markt gibt, ist das auch am Rentenmarkt der Eurozone zu
spüren. Abzulesen ist das an der deutlichen Befestigung des
Bund-Future, der von Rekord zu Rekord eilt. Da sich zudem noch eine
Ausweitung des Quantitative Easing der Europäischen Zentralbank
abzeichnet, dürfte der Anleihenmarkt somit insgesamt gut unterstützt
bleiben.
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