Börsen-Zeitung: Yellens Signal, Marktkommentar von Kai Johannsen
Geschrieben am 12-02-2016 |
Frankfurt (ots) - Wie sich die Tonart von Notenbankern doch ändern
kann. Und vor allem: Wie schnell sich diese Tonart ändern kann. Das
dürften in der gerade abgelaufenen Woche nicht wenige Zinsanalysten,
aber auch viele andere Marktteilnehmer gedacht haben, als sie die
Ausführungen von Janet Yellen, Chefin der US-Notenbank Federal
Reserve, vernahmen. Yellen hat den Märkten ein klares Signal gegeben.
Und es dürfte am Markt auch angekommen sein, denn die Reaktionen sind
wohl eindeutig, und sie werden sich vor diesem Hintergrund wohl auch
noch fortsetzen.
Das darf man sich auf der Zunge zergehen lassen. Im Dezember
schlägt eine auf internationaler Ebene nicht gerade unbedeutende
Notenbank - nämlich die Fed - eine andere Gangart ein und erhöht
erstmals seit rund einer Dekade wieder den Leitzins. Sie bereitet die
Märkte darauf vor - monatelang - und liefert dann auch endlich jenen
Zinsschritt. Im Urteil vieler Marktakteure kam dieser Schritt ohnehin
schon viel zu spät. Den Märkten gibt sie damit natürlich auch ein
klares Signal, nämlich dass nun die Zeit der ultratiefen Zinsen zwar
noch nicht gleich ad acta gelegt werden sollte, aber sie gibt den
Märkten die Richtung vor: Weiter herunter geht es nicht, ab jetzt
geht es aufwärts. Und was geschieht nun? Die oberste
US-Währungshüterin wird schon deutlich vorsichtiger, und von weiteren
Anhebungen oder gar nur einem Stillhalten ist schon gar keine Rede
mehr.
Noch keine Zinssenkung
Laut Fed-Chefin Yellen - das hat sie nun in Reden klargemacht -
hat sich der Wirtschaftsausblick für die USA immer noch nicht so
geändert, dass der nächste Schritt eine Zinssenkung wäre. Dem lässt
sich eine sehr kurze Beurteilung des Sachverhalts anfügen: Ja, genau
- noch nicht. Die US-Wirtschaftsdaten sind in der jüngeren
Vergangenheit aber nicht mehr so positiv ausgefallen, dass man von
einer robusten Verfassung der US-Konjunktur sprechen kann. Vielmehr
waren negative Überraschungen an der Tagesordnung. Bestenfalls ließ
sich noch mal von gemischten Daten sprechen. Die Daten geben per
saldo aber die Richtung vor: Die US-Wirtschaft ist auf dem
absteigenden Ast. Und bei guten Arbeitsmarktdaten ist immer zu
berücksichtigen, dass sie für die Wirtschaft und damit auch für die
Finanzmärkte zu den nachlaufenden Indikatoren zählen.
Doch damit nicht genug, Yellen ging noch einen Schritt weiter, und
diese Äußerung ließ dann sehr tief blicken. Auch für die US-Notenbank
sind laut Yellen negative Zinsen kein Tabu. Hört, hört! Gerade einmal
acht Wochen nach der Zinsanhebung und dem einhergehenden Signal
seitens der Fed spricht Frau Yellen von negativen Zinsen. Bei solch
einer 180-Grad-Drehung darf man wohl von einer deutlich veränderten
Wirtschaftseinschätzung seitens der Verantwortlichen bei der Fed
ausgehen.
In ihrer Anhörung vor dem US-Senat schloss Yellen am Donnerstag
nun also nicht mehr aus, dass die Fed auch zu diesem Mittel greifen
könnte. "Ich würde dies nicht vom Tisch nehmen", sagte Yellen. Die
Fed schaue sich das im Lichte der Erfahrungen in europäischen Ländern
an. "Wir haben diese Bewertung noch nicht abgeschlossen", ergänzte
die Fed-Chefin. Yellen fügte außerdem hinzu, dass man negative Zinsen
bei der Notenbank schon einmal im Jahr 2010 erwogen habe, dann aber
zu der Einschätzung gekommen sei, dass sie als Mittel der
Wachstumsförderung nicht gut geeignet seien. Yellens Einschätzung von
damals mag durchaus ihre Richtigkeit haben, wenn da nur nicht das
"aber" wäre. Erstens: Heute könnte man zu einer durchaus anderen
Einschätzung gekommen - nicht zuletzt aufgrund der Erfahrungen in
anderen Ländern bzw. Währungsräumen. Zweitens: Es mag richtig sein,
dass negative Zinsen kein gutes Mittel sind, um das Wachstum zu
fördern, aber sie sind womöglich ein gutes Mittel, um die Inflation
wieder auf Trab zu bringen. Und in den USA kann nicht gerade von
besorgniserregend hohen Teuerungsraten gesprochen werden.
Schnell im Minus
Vielleicht entscheidet sich die Fed bei einem sich weiter
eintrübenden Wirtschaftsausblick - die zunehmend prekäre Lage in der
Industrie der Ölförderer lässt grüßen - und weiter verschlechtertem
Inflationsausblick dann doch dafür, der heimischen Wirtschaft
frühzeitig zur Seite zu springen und die Zinsen wieder zu senken. Und
da es die Fed in der Vergangenheit versäumt hat, sich einen Puffer
für Zinssenkungen im positiven Bereich aufzubauen, wird sie dann sehr
schnell im negativen Bereich angekommen sein. Denn das wird mit
gerade einmal zwei Zinssenkungen realisiert sein.
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