Börsen-Zeitung: Chaostage in Essen, Kommentar zu RWE von Andreas Heitker
Geschrieben am 17-02-2016 |
Frankfurt (ots) - Der Energieversorger RWE streicht den
Stammaktionären die Dividende. Dies kommt überraschend, ist aber
verständlich und absolut vernünftig. Sollte im Zuge der weiteren
Abwicklung der Atomkraft tatsächlich die Gründung eines
öffentlich-rechtlichen Fonds beschlossen werden, müsste RWE
Milliarden an Barmitteln freisetzen können. Und die Strombörsenpreise
testen zudem Monat für Monat neue Tiefstände. Geht es so weiter, wird
das Kraftwerksgeschäft, die einst mit Abstand wichtigste
Ergebnisstütze des Konzerns, schneller in die Verlustzone rutschen
als selbst von Pessimisten erwartet.
In der jetzigen Situation gilt es, das Geld zusammenzuhalten und
die Bilanz zu stärken. Dazu wäre ein Dividendenausfall ein wichtiger
Schritt. Schon im vergangenen Jahr war er vereinzelt von Investoren
gefordert worden. Die Rahmenbedingungen für RWE haben sich seither
beileibe nicht verbessert.
Trotzdem enthält die Dividendenentscheidung, die jetzt öffentlich
gemacht wurde, einiges an Sprengkraft. Es gibt ja bislang lediglich
einen Vorstandsbeschluss. Der Aufsichtsrat wurde noch nicht mit
einbezogen. Ob die Veröffentlichung aktienrechtlich der sauberste Weg
war, wie es das Unternehmen darstellt, sei einmal dahingestellt. Es
hätte sicherlich auch noch andere Wege gegeben, die zuvor auch eine
Abstimmung mit dem Kontrollgremium möglich gemacht hätten - selbst
wenn ein Dividendenausfall für die kommunalen Aktionäre eine
Katastrophe ist.
Es verfestigt sich wieder einmal der Eindruck, den man zuletzt
häufiger gewinnen konnte, dass es bei RWE aktuell an klaren
Strukturen fehlt sowie an einer abgestimmten Zusammenarbeit der
Gremien. Das mag an der Krise insgesamt liegen, an dem tiefgreifenden
Umbau, in dem der Konzern steckt oder aber an dem in Auflösung
begriffenen Aufsichtsrat, dessen künftige Zusammensetzung noch
niemand so recht kennt. Allein auf Anteilseignerseite müssen im April
ja bis zu fünf neue Mitglieder gewählt werden.
Und so kam es, dass im letzten halben Jahr gleich mehrfach nicht
abgestimmte oder inhaltlich noch gar nicht ausgereifte strategische
Weichenstellungen verkündet wurden. Die Gründung der neuen
Wachstumstochter, die RWE abspalten und an die Börse bringen will,
und die Besetzung ihres Führungsteams sind hierfür ein gutes
Beispiel. Immer wieder dringen auch hier Interna nach außen. Es
herrscht Misstrauen zwischen Gremien. Für die Bewältigung einer
existenziellen Krise sind dies alles andere als gute Voraussetzungen.
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Börsen-Zeitung
Redaktion
Telefon: 069--2732-0
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