Giftmülltourismus - Wohin mit gefährlichen Bohrschlämmen? / Öl- und Gasindustrie vor gewaltigem Entsorgungsproblem
Geschrieben am 07-03-2016 |
Hamburg (ots) - Die Erdöl- und Erdgasindustrie in Deutschland
steht vor einem gewaltigen Entsorgungsproblem: Nach Recherchen von
NDR und WDR fielen in den vergangenen zehn Jahren allein bei der
Sanierung von drei sogenannten Bohrschlammgruben in Niedersachsen
rund 720.000 Tonnen Giftmüll an. Da Niedersachsen seit 2005 über
keine geeigneten Deponien verfügt, wurden die Schlämme in andere
Bundesländer gebracht. Ungefähr die Hälfte (335.000 Tonnen) wurde von
der Firma REMONDIS nach NRW auf die Sonderabfalldeponie
Hürth-Knapsack in der Nähe von Köln gebracht. Weitere 260.000 Tonnen
gingen nach Rheinland-Pfalz. In 40 weiteren von den Behörden
erfassten Gruben befinden sich noch einmal fast zwei Millionen
Kubikmeter giftiger Bohrschlämme.
Allein der Transport dieser Mengen birgt erhebliche
Sicherheitsrisiken. Nach Recherchen von NDR und WDR wurden bei
ähnlichen Sanierungsvorhaben teils ungeeignete Fahrzeuge eingesetzt,
wodurch es zu gefährlichen Zwischenfällen kam. Eine an den
Transporten beteiligte Fahrerin berichtet von einer mutmaßlichen
Quecksilbervergiftung, die sie sich bei der regelmäßigen Reinigung
der Fahrzeuge zugezogen habe.
Die Bohrrückstände stammen aus mehreren Jahrzehnten, in denen die
Schlämme ohne besondere Sicherung direkt an den Bohrplätzen vergraben
wurden. Bohrschlämme gelten heute als "gefährlicher Sonderabfall".
Die ölhaltigen Rückstände sind oft mit Schwermetallen wie Quecksilber
und Arsen sowie radioaktiven Partikeln wie Radium 226 belastet. Die
"wilden" Alt-Deponien drohen nun Böden und Grundwasser zu
kontaminieren.
Ende vergangenen Jahres einigten sich die Industrie und das
niedersächsische Umweltministerium auf ein umfassendes Programm, mit
dem Standorte und Sanierungsbedarf der alten Bohrschlammgruben
erfasst werden sollen.
Allein in Niedersachsen gibt es nach Angaben des
Umweltministeriums mindestens 519 sogenannte Verdachtsflächen. In
ganz Deutschland werden nach Recherchen von NDR und WDR mehr als 1400
Bohrschlammgruben vermutet. Außer Niedersachsen sind auch die
Bundesländer Brandenburg (400 Gruben), Mecklenburg-Vorpommern (345)
und Bayern (170) betroffen.
Mehr dazu in der Sendung "Markt" am Montag, 7. März, um 20.15 Uhr
im NDR Fernsehen. Informationen zur Sendung unter www.NDR.de/markt
Pressekontakt:
Norddeutscher Rundfunk
Presse und Information
Tel: 040-4156-2300
http://www.ndr.de
https://twitter.com/ndr
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