Lausitzer Rundschau: Götzen und Popanze
Politische Debatte über "Schwarze Null" oder Solidarpaket
Geschrieben am 06-03-2016 |
Cottbus (ots) - SPD-Chef Sigmar Gabriel hat die Erkenntnis
ziemlich exklusiv, dass sich im Volk der Spruch breitmache, der Staat
tue alles für die Flüchtlinge, für die Bürger aber nichts. Schon die
jämmerliche Situation, in der die Flüchtlinge hier anfangs leben,
widerlegt diesen Eindruck jeden Tag. Mag sein, dass Ausländerfeinde
diesen Popanz benutzen, weil sie jedes Argument gegen Flüchtlinge
nehmen. Die beflügelt Gabriel allenfalls noch, wenn er so etwas nun
sogar von der Staatsspitze her verbreitet. Nein, nicht die
Flüchtlinge sind der Grund, um, wie von ihm gefordert, jetzt ein
milliardenschweres Solidarprojekt aufzulegen, mit höheren Renten,
mehr Mitteln für Behinderte, mehr Hilfen für die Kommunen, mehr
Investitionen in die Infrastruktur, mehr Personal bei Militär und
Polizei. Der Grund, all dies zu tun, ist, dass es erstens notwendig
und zweitens auch bezahlbar ist. Die Haushalte von Bund und Ländern
verzeichnen Rekordüberschüsse, die mehr erlauben als nur das, was der
Zustrom von Neubürgern an Kosten nach sich zieht. Umgekehrt wird ein
Schuh draus: Es wäre falsch und hätte eine ebenso hetzerische
Wirkung, die Flüchtlinge als Argument zu nehmen, um diese sinnvollen
und zum Teil in der Koalition schon verabredeten Reformen nicht
umzusetzen. Zumal die Flüchtlinge, wenn ihre Integration gelingt, die
in sie getätigten Investitionen später mehrfach an die Gesellschaft
zurückzahlen werden. Nun ist allerdings unübersehbar, dass all die
Aufgaben kurzfristig mit dem Versprechen der "Schwarzen Null"
kollidieren, das Finanzminister Wolfgang Schäuble und Kanzlerin
Angela Merkel wie eine Monstranz vor sich hertragen. Es ist neben dem
Versprechen, die Steuern nicht zu erhöhen, das einzige
Alleinstellungsmerkmal der CDU geblieben, das sie bis zum Wahltag
retten will. Nur: Nach dem Grundgesetz gilt ein Haushalt als
ausgeglichen, wenn er um nicht mehr als 0,35Prozent des
Bruttoinlandsprodukts überzogen wird. Derzeit wären das zehn
Milliarden Euro. Es gibt gute Gründe dafür, mindestens diesen
Spielraum zu nutzen. Schon die Inflation, erst recht das Wachstum
gleicht das locker aus. Ein Staat ist keine schwäbische Hausfrau, er
muss in Kategorien von Nachhaltigkeit, Zukunftsinvestitionen,
Vermeidung späterer gesellschaftlicher Kosten denken. Und was das
CDU-Versprechen angeht, die Steuern nicht zu erhöhen: Es wäre auch
dann erfüllt, wenn man das Steueraufkommen insgesamt nicht erhöhen
würde. Die Gesamteinnahmen reichen in der Tat völlig aus. Aber dass
man Erben und Vermögende stärker heranziehen muss, um im gleichen
Maße die Arbeitnehmer und Familien zu entlasten, das ist auch eine
Zukunftsfrage, die in Zeiten großer Herausforderungen nicht
parteipolitischen Götzen geopfert werden darf.
Pressekontakt:
Lausitzer Rundschau
Telefon: 0355/481232
Fax: 0355/481275
politik@lr-online.de
Kontaktinformationen:
Leider liegen uns zu diesem Artikel keine separaten Kontaktinformationen gespeichert vor.
Am Ende der Pressemitteilung finden Sie meist die Kontaktdaten des Verfassers.
Neu! Bewerten Sie unsere Artikel in der rechten Navigationsleiste und finden
Sie außerdem den meist aufgerufenen Artikel in dieser Rubrik.
Sie suche nach weiteren Pressenachrichten?
Mehr zu diesem Thema finden Sie auf folgender Übersichtsseite. Desweiteren finden Sie dort auch Nachrichten aus anderen Genres.
http://www.bankkaufmann.com/topics.html
Weitere Informationen erhalten Sie per E-Mail unter der Adresse: info@bankkaufmann.com.
@-symbol Internet Media UG (haftungsbeschränkt)
Schulstr. 18
D-91245 Simmelsdorf
E-Mail: media(at)at-symbol.de
586590
weitere Artikel:
- Lausitzer Rundschau: Große Probleme, kleinliches Denken
Zur Menschheit und dem wieder erstarkenden Nationalismus Cottbus (ots) - Ein australisches Forschungsinstitut hat
ausgerechnet, was der Menschheit der Schutz vor der Menschheit wert
ist: 14 Billionen US-Dollar flossen 2014 von Tasche zu Tasche, um
Kriege und Konflikte "am Leben" zu halten, aber eben auch, um sich
davor zu schützen - Zahlen von 2015 hat das Institut noch nicht
errechnet. Diese Zahl ist unfassbar hoch - ein kleiner Teil davon
würde ausreichen, um die sogenannten Millenniumziele zu erreichen,
die sich die Vereinten Nationen vor wenigen Jahren gestellt haben. In
diesen Zielen mehr...
- Schwäbische Zeitung: Spiel mit den Ängsten - Kommentar AfD/Russlanddeutsche Ravensburg (ots) - Nun hat die AfD die Russlanddeutschen als neue
Zielgruppe entdeckt. Das zynische Kalkül der Rechtspopulisten baut
darauf, Menschen in der Asylkrise Angst zu machen, um dadurch ihren
Einfluss zu vergrößern. Man muss nur einige Internetforen oder
Protestdemonstrationen der früheren Sowjetbürger besuchen, um zu
erleben, wie sehr heute die Ablehnung von Merkels offener
Flüchtlingspolitik die Stimmung in dieser Gruppe aufheizt.
Die früher eher politisch passiven Russlanddeutschen werden aktiv,
auch weil sie um ihren mehr...
- Weser-Kurier: Über den Demokraten-Pakt in Wilhelmshaven schreibt Martin Wein: Bremen (ots) - Ein Wahlkampf ohne Diskriminierungen ist
selbstverständlich - sollte man meinen. Erinnert sei stattdessen an
das fremdenfeindliche Foto, das CDU-Frau Erika Steinbach jüngst bei
Facebook postete. Oder an den Kommunalpolitiker Daniel Wilms aus
Rheinland-Pfalz, der die dortige Ministerpräsidentin Malu Dreyer
wegen ihres Rollstuhls in Erwerbsminderungsrente schicken wollte.
Oder an Herbert Miche, Bürgermeister im Südharz, der gegen den
unkontrollierten Zuzug von "Kriminellen und Wirtschaftsflüchtlingen"
gewettert und mehr...
- NOZ: Land lehnt Bonus für Mitarbeiter der Landesaufnahmebehörde ab Osnabrück (ots) - Land lehnt Bonus für Mitarbeiter der
Landesaufnahmebehörde ab
Keine Zulage für Beschäftigte wegen Flüchtlingszustrom - Kritik
von Beamtenbund
Osnabrück. Die Mitarbeiter in den Erstaufnahmeeinrichtungen der
Landesaufnahmebehörde Niedersachsen erhalten keinen finanziellen
Bonus angesichts der Mehrbelastungen durch den Flüchtlingszustrom.
Wie die "Neue Osnabrücker Zeitung" (Dienstag) berichtet, teilte dies
jetzt das niedersächsische Innenministerium mit. Die Forderung nach
einer Zulage war demnach auf Personalversammlungen mehr...
- Rheinische Post: Grüne: Griechenland jetzt auch in Schuldenkrise entgegenkommen Düsseldorf (ots) - Die Grünen haben die EU-Staaten aufgefordert,
Griechenland zusätzlich zu der angestrebten EU-Flüchtlingshilfe auch
in der Schuldenkrise noch mehr entgegen zu kommen. "In der aktuell
zugespitzten Situation sollte die EU Griechenland unter die Arme
greifen", sagte Grünen-Chefin Simone Peter der in Düsseldorf
erscheinenden "Rheinischen Post" (Dienstagausgabe). "Und zwar nicht
nur durch die Aufnahme von Flüchtlingen, sondern auch durch eine
gewisse Großzügigkeit bei der Schuldentilgung und beim Zeitplan der
vereinbarten mehr...
|
|
|
Mehr zu dem Thema Aktuelle Politiknachrichten
Der meistgelesene Artikel zu dem Thema:
LVZ: Leipziger Volkszeitung zur BND-Affäre
durchschnittliche Punktzahl: 0 Stimmen: 0
|