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Pharmaindustrie zahlte Geld an 17.000 Ärzte für umstrittene Studien

Geschrieben am 09-03-2016

Hamburg (ots) - Die Pharmaindustrie zahlt jährlich etwa 100
Millionen Euro an Ärzte in Deutschland für die Mitarbeit an
umstrittenen Studien. Das geht aus einer gemeinsamen Datenauswertung
von NDR, WDR und Süddeutscher Zeitung mit dem Recherchezentrum
Correctiv.org hervor. Die Journalisten hatten erstmals alle in
Deutschland gemeldeten "Anwendungsbeobachtungen" der Jahre 2009 bis
2014 ausgewertet. Bei diesen Beobachtungen handelt es sich nach
Einschätzung von Wissenschaftlern größtenteils um Scheinstudien an
Patienten, die vor allem dazu dienen, den Umsatz bestimmter
Medikamente zu fördern.

Grundlage der Recherche waren Meldungen zu mehr als 1300
Anwendungsbeobachtungen, die die Pharmaunternehmen an die
Kassenärztliche Bundesvereinigung übermittelt haben [und die durch
die Journalisten nun erstmals ausgewertet wurden]. Demnach haben
allein im Jahr 2014 rund 17.000 Ärzte an Anwendungsbeobachtungen
teilgenommen und dafür im Schnitt 669 Euro pro Patient bekommen. Im
Zeitraum 2009 bis 2014 flossen durchschnittlich etwa 100 Millionen
Euro an Honoraren für die Übermittlung von Daten zu rund 1,7
Millionen Patienten.

Der Leiter des Instituts für Qualität und Wirtschaftlichkeit im
Gesundheitswesen (IQWiG), Prof. Dr. Jürgen Windeler, bezeichnet im
ARD-Magazin "Panorama" vom NDR diese Anwendungsbeobachtungen als
"wissenschaftlich wertlos". Der Vorsitzende der
Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft, Prof. Dr.
Wolf-Dieter Ludwig, kritisiert vor allem die weit verbreiteten
Anwendungsbeobachtungen bei generischen Krebsmedikamenten. "Ich
vermute, dass man mit Hilfe von Anwendungsbeobachtungen Ärzte auf
einzelne Hersteller einschießen will."

Der Verband der forschenden Pharma-Unternehmen (vfa) teilte
dagegen auf Anfrage mit, Anwendungsbeobachtungen seien ein
"unverzichtbares Instrument für die Arzneimittelforschung". Denn
anders als bei klinischen Studien würden hier Informationen über
Arzneimittel unter Alltagsbedingungen gewonnen.

Kritik an dem nun erstmals bekannt gewordenen Ausmaß dieser
umstrittenen Studien kommt jedoch auch von Karl Lauterbach,
stellvertretender Vorsitzender der SPD-Bundestagsfraktion. "Es ist
ganz klar Ziel der Pharmaindustrie, über diese
Anwendungsbeobachtungen Patienten zu rekrutieren", sagt Lauterbach.
Das Ausmaß zeige, dass die bisherigen Regelungen nicht ausreichten.
Lauterbach fordert deshalb in "Panorama", dass
Anwendungsbeobachtungen nur noch stattfinden dürfen, wenn sie "von
dritter und unabhängiger Stelle geprüft und genehmigt werden."

Erstmals kann jeder Patient und jede Patientin nun selbst
recherchieren, ob das eigene Medikament im Rahmen einer
Anwendungsbeobachtung gefördert wird, und wie viel Geld die
Pharmahersteller für bestimmte Präparate an Ärzte zahlen.
Correctiv.org hat alle Meldungen der Jahre 2009 bis 2014 in eine frei
zugängliche Datenbank übertragen, die ab Mittwochabend auf der
Internetseite der Plattform verfügbar ist.

Mehr zum Thema am Donnerstag, 10. März, ab 21.45 Uhr in "Panorama"
im Ersten sowie in der Süddeutschen Zeitung, auf correctiv.org,
sueddeutsche.de, tagesschau.de und panorama.de



Pressekontakt:
Norddeutscher Rundfunk
Presse und Information
Ralph Coleman
Tel.: 040/4156-2302


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