Börsen-Zeitung: Herausforderung für Draghi, Marktkommentar von Kai Johannsen
Geschrieben am 11-03-2016 |
Frankfurt (ots) - Im Kampf gegen Nullinflation oder drohende
Deflation hat Mario Draghi, Chef der Europäischen Zentralbank (EZB),
in der abgelaufenen Woche noch eins oben draufgesetzt. Die Leitzinsen
für die Eurozone wurden abermals gesenkt, den Banken werden neue
langfristige Refinanzierungsgeschäfte zur Verfügung gestellt und -
wie vieler Orten erwartet - werden die Anleihekäufe volumenmäßig
aufgestockt.
Nicht jeder im Markt war aber davon ausgegangen, dass Draghi das
Spektrum der "kaufbaren" Anleihen erweitern würde und nun in
riskantere Formen von Bonds geht. Die EZB will auch
Unternehmensanleihen erwerben - beschränkt sich dabei aber auf solche
Adressen, die von den Ratingagenturen mit einer solideren
Kreditwürdigkeitsnote eingestuft werden. Besser bekannt ist diese
Liga als das Investment-Grade-Universum, also Unternehmen mit einer
Bonität von Triple-A - diese Firmenadressen kann man in der Eurozone
mit der Lupe suchen und wird sie trotzdem nicht finden - bis hin zu
"BBB-"/"Baa3".
Details stehen noch aus
Details, wie dieses Programm später in der Praxis umgesetzt wird,
gab es noch nicht. Auf der Arbeitsebene bei der EZB werden
diesbezüglich wohl noch einige Entscheidungen zu treffen sein. An den
Märkten wird diesbezüglich nun schon ganz gewaltig spekuliert. Wie
groß ist das in Frage kommende Spektrum an Papieren? Wo wird gekauft?
Was wird im Einzelnen gekauft und wie erfolgreich kann das überhaupt
sein? Das sind nur einige wenige Fragen.
Die Analysten der Commerzbank haben bereits erste Abgrenzungen und
Einordnungen vorgenommen. Das Volumen der Benchmark-Anleihen, die auf
Euro denominiert sind und die der Investment-Grade-Liga angehören,
hat ein Volumen von gut 1,5 Bill. Euro. Wohlgemerkt handelt es sich
um die Benchmarks, also Anleihen mit Volumina ab 500 Mill. Euro
aufwärts. Die 1,5 Bill. Euro umfassen aber Financials und
Non-Financials zusammen; die Unternehmensanleihen kommen davon auf
knapp 850 Mrd. Euro. In Frage kommen für die EZB aber nur
Anleiheemittenten aus der Eurozone, denn auf Euro denominierte Bonds
von Apple, Microsoft und Co, also jene Emittenten außerhalb der
Eurozone, die aber im Euro emittieren, wollen Draghi & Co mit
Sicherheit nicht kaufen. Und so errechnen die Commerzbank-Experten
ein "kaufbares", EZB-fähiges Materialvolumen von einer knappen halben
Billion Euro. Dies sind die Senior Unsecured Bonds, also vorrangige,
unbesicherte Unternehmensanleihen.
Der Markt für Unternehmensanleihen - aber auch andere Segmente des
europäischen Fixed-Income-Universums - sind im Zuge des Quantitative
Easing der EZB, also der unkonventionellen Geldpolitik der
Währungshüter, schon reichlich illiquide geworden. Es wird somit eine
sehr starke Herausforderung, diese Käufe in diesem Segment letzten
Endes auch umzusetzen. Es bleibt sportlich.
Und wie an den entsprechenden Indizes - wie etwa dem CDS-Index
iTraxx Europe für die besser benoteten Namen in Europa - abzulesen
ist, hat der Markt in diesem Jahr auf die Aussichten von
Unternehmensanleihenkäufen der EZB schon heftig reagiert. Die Spreads
der CDS haben sich deutlich eingeengt. Es lässt sich also ablesen, wo
die Reise bei den Corporate-Bond-Spreads hingehen wird:
Spread-Einengungen stehen an.
Die Unternehmensanleihekäufe der europäischen Währungshüter werden
- wie die bisherigen Käufe von Staatsanleihen, Titeln staatsnaher
Adressen, Covered Bonds und Asset Backed Securities auch - tiefe
Spuren am Markt hinterlassen. Nicht nur dass die Spreads enger
werden, auch die Liquidität, die ohnehin schon gelitten hat, wird
weiter abnehmen. Und auch emissionsseitig werden sich Effekte zeigen.
Wenn die Unternehmen wissen, dass die EZB nun auch bei ihnen
zugreifen wird, dürfte sich sicherlich so mancher Treasurer zu
Emissionen berufen sehen - zumal die Konditionen dafür ja immer
besser werden.
Aber das bedeutet wiederum, dass auch solche Firmen emittieren
werden, die es ohne EZB vielleicht nicht getan hätten. Und so mancher
erhöht darüber die ohnehin schon komfortable Cash-Position noch
weiter. Man braucht also nur noch abzuwägen: Was wird künftig noch
günstiger sein? Der von der EZB subventionierte Bankkredit oder die
von der EZB im Rahmen des Kaufprogramms gestützten Anleiheemissionen?
Fortsetzen wird sich jetzt aber auch noch der
Crowding-out-Prozess. Denn auch bei Unternehmensanleihen werden
Anleger nicht mehr so viel verdienen können und damit auf andere
Anleihen ausweichen. Der Blick fällt dann schnell auf die
High-Yielder. Mal abwarten, wann die EZB auch hier zugreifen wird.
Pressekontakt:
Börsen-Zeitung
Redaktion
Telefon: 069--2732-0
www.boersen-zeitung.de
Kontaktinformationen:
Leider liegen uns zu diesem Artikel keine separaten Kontaktinformationen gespeichert vor.
Am Ende der Pressemitteilung finden Sie meist die Kontaktdaten des Verfassers.
Neu! Bewerten Sie unsere Artikel in der rechten Navigationsleiste und finden
Sie außerdem den meist aufgerufenen Artikel in dieser Rubrik.
Sie suche nach weiteren Pressenachrichten?
Mehr zu diesem Thema finden Sie auf folgender Übersichtsseite. Desweiteren finden Sie dort auch Nachrichten aus anderen Genres.
http://www.bankkaufmann.com/topics.html
Weitere Informationen erhalten Sie per E-Mail unter der Adresse: info@bankkaufmann.com.
@-symbol Internet Media UG (haftungsbeschränkt)
Schulstr. 18
D-91245 Simmelsdorf
E-Mail: media(at)at-symbol.de
586925
weitere Artikel:
- DERMALOG liefert Fingerabdruck-Scanner zur Flüchtlings-Registrierung in Deutschland (FOTO) Hannover (ots) -
DERMALOG, der Innovationsführer für biometrische Lösungen, liefert
die neuen Fingerabdruck-Scanner zur Flüchtlings-Registrierung in
Deutschland. Die "LF10-Scanner" von DERMALOG kommen in Verbindung mit
dem neuen Flüchtlingsausweis zum Einsatz. DERMALOG stellt diese
Geräte sowie eine Reihe weiterer biometrischer Innovationen in der
kommenden Woche auf der CeBIT in Hannover vor.
Seit dem 28. Januar 2016 erhalten Flüchtlinge in Deutschland eine
speziellen Flüchtlingsausweis bzw. "Ankunftsnachweis". Die
Registrierung mehr...
- PlusServer launcht zur CeBIT Hardware-Cloud und setzt Fokus auf IoT (FOTO) Köln (ots) -
Dedizierte Bare-Metal-Server-Leistung gepaart mit den Vorteilen
der Cloud
Ehrgeizige Webprojekte benötigen zu bestimmten Zeiten ein hohes
Maß an zusätzlicher Rechenleistung. Hierfür bieten Cloud-Lösungen
zwar die gewünschten flexiblen Konditionen, doch reicht ihre
Performance nicht an die von Bare-Metal-Hardware heran. Die neue
Hardware-Cloud des deutschen Managed-Hosting-Marktführers PlusServer
verbindet die dedizierte Performance ganzer Bare-Metal-Server mit
allen Vorteilen der Cloud. Die Ressourcen der mehr...
- Grupa Azoty berichtet für das Geschäftsjahr 2015 einen Rekord-Bilanzgewinn und überschreitet die Umsatzmarke von 10 Milliarden PLN Warschau, Polen (ots/PRNewswire) -
Grupa Azoty, der zweitgrößte Düngemittelhersteller in der
Europäischen Union, veröffentlichte am Freitag überzeugende
Jahresergebnisse und meldete für den Jahresabschluss 2015 mit 692
Millionen PLN (was einen Anstieg um +427 Mio. gegenüber 265 Mio. im
Jahr 2014 darstellt) einen Bilanzgewinn in Rekordhöhe sowie das
erstmalige Überschreiten der Umsatzmarke von 10 Mrd. PLN (9,9 Mrd. im
Jahr 2014).
(Logo: http://photos.prnewswire.com/prnh/20150424/740599 )
(Photo:
http://media.grupaazoty.com/lista_fotografie/big_e8195ded_mk38869.jpg mehr...
- Harman International Industries, Incorporated, nimmt am Lizenzierungsprogramm für Blu-ray Disc(TM) von One-Blue teil New York (ots/PRNewswire) - One-Blue (http://www.one-blue.com/),
LLC, gab heute bekannt, dass Harman International Industries,
Incorporated, aus Stamford in Connecticut, als Lizenznehmer zum
Blu-ray-Disc(TM)-Produktlizenzierungsprogramm von One-Blue gestoßen
ist. Harman unterzeichnete die Lizenzvereinbarung für Hersteller von
Blu-ray-Disc-Playern in Fahrzeugen (License Agreement for BD Player
(Transportation Vehicle) Manufacturer), wodurch Harman der Zugang zu
wichtigen Patenten gewährt wird, die wesentlich für die von führenden
Lizenzgebern mehr...
- Deutscher Sportwettenmarkt wächst / 4,8 Milliarden Euro Wetteinsätze versteuert / DSWV nimmt vier neue Mitglieder auf Berlin (ots) - Der deutsche Sportwettenmarkt ist - gemessen an den
vom Bundesministerium der Finanzen ausgewiesenen kassenmäßigen
Steuereinnahmen - im Jahr 2015 um rund 7% gewachsen.
Insgesamt wurden 240 Millionen Euro Sportwettsteuer gemäß
Rennwett- und Lotteriegesetz abgeführt. Dies entspricht 5% aller
Wetteinsätze, die sich insgesamt auf 4,8 Milliarden Euro belaufen.
DSWV-Präsident Mathias Dahms sagt:
"Diese Zahlen berücksichtigen noch nicht den in Deutschland weit
verbreiteten Schwarzmarkt, den wir mit weiteren 1,5 mehr...
|
|
|
Mehr zu dem Thema Aktuelle Wirtschaftsnews
Der meistgelesene Artikel zu dem Thema:
DBV löst Berechtigungsscheine von knapp 344 Mio. EUR ein
durchschnittliche Punktzahl: 0 Stimmen: 0
|